Ein Gastbeitrag von Wilhelm Lüdeker

Eine kürzere Version dieses Beitrags wurde zuerst in der „Der Windacher, Ausgabe 158, April 2021“, dem Regionalmagazin für Hechenwang, Schöffelding, Steinebach und Windach publiziert.

Ein kleiner Ratgeber zur Energiewende

Was will der Ratgeber?

Dieser Ratgeber soll Ihnen den Klimawandel und vor allem die Energiewende “näher“ bringen.
Und das Wort „näher“ soll bitte unbedingt im doppelten Wortsinn verstanden werden.

Zum einen soll all Jenen, die mit dem Begriff Klimawende oder Energiewende nicht so recht etwas anfangen können oder unsicher sind, was konkret dahintersteckt, der Zusammenhang etwas näher gebracht werden (im Sinne von nachvollziehbar).

Zum anderen geht es aber auch und vor allem um die „räumliche Nähe“, denn Klimawandel und Energiewende sind keine Dinge, die ausschließlich irgendwo in der Welt oder Berlin, weit weg von uns, passieren. Das betrifft Sie direkt in Ihrer Region, der Gemeinde, in der Wohnung oder auf Ihrem Bankkonto.

Dafür möchte ich Sie auf eine Reise durch die Welt der Energiewende einladen.
Ausgangspunkt der Reise ist die Grundsatzfrage „Gibt es den Klimawandel überhaupt?“. Es geht darum, unmissverständlich klar zu machen, dass es nur Gewinner und Verlierer geben wird. Ein „weiter so“ wird es nicht geben. Wer die Gewinner sind und wer die Verlierer, da habe ich persönlich eine klare Vorstellung, Sie vermutlich auch. Aber es lohnt sich immer, den eigenen Standpunkt noch einmal zu hinterfragen.

Damit das gelingt, geht die Reise weiter in Ihre gute Stube, Ihre Wohnung, Ihr Haus, um ganz konkret zu schauen, was Sie für sich selber machen können, um Energie (und damit auch Ihr Geld) zu sparen oder am Wirtschaftlichsten einzusetzen. Dieses ist mit weitem Abstand der längste Reiseabschnitt.

Zu guter Letzt schauen wir noch kurz über den Gartenzaun, was in Ihrer Region so vor sich geht, gehen kann und ob Sie hier ggf. auch Einfluss nehmen können, bestenfalls auch hier wirtschaftlich teilhaben können.

Die Logik hinter allem ist, dass Klimaschutz (Ökologie) und wirtschaftlicher Fortschritt (Ökonomie) einander bedingen. Zu glauben, dass die beiden Themen sich gegenseitig behindern, ignoriert in der Abschlussbilanz die Rechnungen, welche der Klimawandel uns noch präsentieren wird. Die gute Nachricht ist, das kann Ihnen für die Betrachtungen hier vollkommen egal sein. Schauen Sie auf das Jetzt, Hier und Heute und Sie werden automatisch das Richtige tun, indem Sie tun, was in Ihren Möglichkeiten liegt. Es ist viel wichtiger, die vorhandenen Chancen zu nutzen, als auf die perfekte Lösung zu warten.

Und so schwer ist das gar nicht …. Gute Reise

Bevor es los geht noch ein paar ANMERKUNGEN zum Umgang mit dem Text.

  • Der Text ist in viele Abschnitte gegliedert, welche weitgehend unabhängig voneinander gelesen werden können.
    Alles an einem Stück zu lesen, ist eine Herausforderung an Ihre Konzentrationsfähigkeit. Dafür sind das einfach zu viele Themen.
  • An vielen Stellen sind „Internet-Links“ eingebaut. Diese Links führen Sie, mit einem Mausklick, in der Regel zu weiter führenden Informationen.
    Es ist absolut nicht notwendig, all diese Informationen nachzulesen. Aber wenn es Sie interessiert, sind das häufig gute Startpunkte, um Ihr Wissen zu vertiefen.
  • In den großen Abschnitten finden Sie zunächst eine kurze Erklärung, worum es geht. Wenn Sie das anspricht, lesen Sie einfach weiter, ansonsten überspringen Sie diesen Abschnitt.

Klimawandel, gibt es das? Wenn JA, bin ich ihm ausgeliefert?

Worum geht es in diesem Abschnitt? In diesem Abschnitt wird der Zusammenhang zwischen den globalen Auswirkungen des Klimawandel / der Energiewende und dem hergestellt, was Sie als Bürger konkret für sich machen können, egal ob Ihr Antrieb der Wille ist etwas für die/ihre Umwelt zu tun oder einfach nur clever mit Ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten umzugehen.

Mit einer Reihe von Beiträgen sollen ein paar grundsätzliche Überlegungen und Handwerkszeug in den Raum gestellt werden, die dem Einen oder Anderen ggf. helfen, sich im Dickicht der Klimadiskussion zurecht zu finden. Ggf. kann er selber überlegen, ob er etwas tun kann. Nicht notwendiger Weise „nur“, um einem Zeitgeist hinterher zu rennen oder ihn zu verstehen, sondern, um ganz konkret für sich selber herausfinden zu können, ob es einen direkten Nutzen für einen selbst hat.

Diese Beiträge sind ausdrücklich für all jene bestimmt, für die der Klimawandel und die Energiewende etwas Diffuses ist. Klar, die Klimawende ist in aller Munde und es wird schon was dran sein, wenn es doch die „Wissenschaft“ fortwährend vorbetet. Aber so genau wissen, was das alles zu bedeuten hat und was ich damit anfangen soll, geschweige denn, dass ich eine Ahnung hätte, was ich kleines Licht daran ändern könnte, … dann sind Sie genau die Zielgruppe für das, was im Folgenden erklärt werden soll.
Keine Angst, es wird nicht hochwissenschaftlich. Der Klimawandel wird ohnehin, bis auf das Grundsätzlichste, nicht erklärt. Der Schwerpunkt liegt auf Techniken und Technologien, mit denen Sie für sich das Beste aus der Energiewende herausholen können. Alles soll verständlich und möglichst nachvollziehbar sein. Wenn es dann manchmal doch ein wenig theoretisch wird, dann nur um einen Eindruck von den Grundlagen zu bekommen. Wenn Sie alles verstehen oder sich reinfuchsen wollen, ist es gut, wenn nicht, – kein Problem, das müssen Sie auch nicht (Sie werden sehen). Falls es anders ist… habe ich einen Fehler gemacht.

Alles Geschriebene erhebt keinen Anspruch, 100%ig korrekt zu sein. Es geht vielmehr darum, in Ihren Köpfen ein Bild, eine Vorstellung zu zeichnen, mit der die ganze Thematik einen Zusammenhang bekommt, dem man mit dem eigenen Verstand folgen kann, ohne auf irgendwelche Propheten angewiesen zu sein.

 

Die Beitragsreihe wird sich in 6 Abschnitte gliedern:

 

1. ZUR GRUNDSATZFRAGE: IST DER KLIMAWANDEL REAL?

Die Antwort ist ohne Wenn und Aber JA. Die Zeichen der Zeit kann nur übersehen, wer nicht hinsehen will.

  • Das arktische Eis schmilzt in rasanter Geschwindigkeit. Wer’s nicht glaubt: erstmalig seit Beginn der bekannten Seefahrt ist die „Nordwestpassage“ (Seeweg zwischen Atlantik und Pazifik nördlich Canada) offen für Seetransporte.
  • Der Permafrost in Sibirien taut auf und setzt enorme Mengen an Methangasen frei. Das ist ein Vermächtnis eiszeitlicher Pflanzen- und Tierwelt, welche über mehrere 10 Tausend Jahre im Boden konserviert war.
  • Tropische Wirbelstürme gewinnen an Zerstörungskraft, da sie ihre Energie aus den sich erwärmenden Ozeanen beziehen.
  • Wetterextreme bilden sich, weil sich der sogenannte Jet-Stream verlangsamt.
    Das sind weltumspannende Höhenwinde (jeder Transatlantikflieger hat schon einmal davon gehört), welche sich aus den Temperatur- / Energiedifferenzen der tropischen und den polaren „Wetterküchen“ speisen. Und diese Differenz ist drastisch kleiner geworden, da sich die polaren Regionen am stärksten erwärmen.
    Bei uns führt es dazu, dass die Wetterphänomene länger verweilen und damit zu Extremwetterlagen führen. Trockenperioden arten plötzlich auch bei uns zur Dürre aus, oder Regen führt zu großflächigen oder lokalen Überschwemmungen.
2. ZUR GRUNDSATZFRAGE: IST DER KLIMAWANDEL MENSCHENGEMACHT?

Auch wenn die Frage eigentlich unwichtig ist, wird sie immer wieder ins Feld geführt: Ist der Klimawandel menschen-gemacht?

Auch hier ist die Antwort ein eindeutiges JA.

Man kann unendlich lange Vorträge darüber hören, oder unendlich und unübersichtlich viel Sinnhaftes, oder komplett Sinnbefreites darüber im Internet lesen. Es gibt zumindest einen plausiblen Beleg, der dafür einen eindeutigen Nachweis erbringt: Die „Hockeyschlägerkurve“

 

Bild 1: entnommen aus https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-die-beruehmte-hockeyschlaeger-kurve-ist-eine-faelschung, welches wiederum selbst „Mann und Mitarbeiter aus dem Jahr 1999“ zitiert.

 

Um zu verstehen, was man dort sieht, hier ein paar Bemerkungen:

  • Die Darstellung zeigt den Temperaturverlauf über einen Zeitraum von 1000 bis 2005 n.Chr. (es gibt vergleichbare Kurven auch über längere/andere Betrachtungszeiträume).
  • Das graue „Gezappel“ sind die jährlichen Schwankungen (mehr oder weniger Rohdaten). Das blaue „Gezappel“ sind gemittelte Werte, welche periodischen Schwankungen in epochalen Zeiträumen (einige Jahrzehnte) wiedergeben. Der schwarze Kurvenverlauf ist eine weitere Mittelung. Die rote gestrichelte Linie zeigt den Trend der Temperaturveränderung bis ca. 1900.
    … und dann knickt das Ganze auf einmal nach oben ab.
  • Genau dieser Verlauf (abfallend bis 1900 und dann steil ansteigend) gibt dem Diagramm seinen Namen: „Hockeyschlägerkurve“.
  • Woher kann man denn sowas überhaupt wissen? Ganz einfach: Die vielen Eisschilde (Gletscher, polares Eis) auf der Erde, alte und sehr alte Bäume, konserviertes Holz in Häusern, Schiffswracks oder in Mooren, Permafrostböden, Moore, Tropfsteine und und und … sind eine schier unerschöpfliche Quelle für Klimadaten aus der Vergangenheit.
  • Aber warum belegt dies, dass der Klimawandel menschengemacht ist? Die Antwort ist ein wenig komplizierter:
    Tatsächlich können unsere Klimaforscher (ganz herausragende Ergebnisse hat das deutsche „Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)“ in diesem Zusammenhang beigetragen) den Verlauf (also der schwarzen Kurve) bis ca. 1900, ganz wunderbar aus natürlichen Klimazusammenhängen erklären/mathematisch berechnen. Ab dem Zeitalter der großtechnischen Industrialisierung versagen aber alle, auf natürlichen Zusammenhängen beruhende, Modelle. Erst wenn der menschengemachte CO2 Ausstoß mit einbezogen wird, ist das Abknicken der Kurve zu erklären.

    ANMERKUNG: Eine umfassende Zusammenfassung liefert Hans-Joachim Schellnhuber in seinem Buch „Selbstverbrennung“ (ISBN-13: 9783570102626). Keine leichte Kost, aber John, wie er gerufen wird (stammt aus dem Landkreis Passau), ist ein echtes Schwergewicht in der weltweiten Klimaforschung. Er ist Gründungsdirektor des PIK und sowohl national wie auch international einer der gefragtesten Klimawissenschaftler.
    Aktuell wird das PIK von Ottmar Edenhofer geleitet (häufiger TV-Gast, wenn es um Klimaexpertise geht), welcher heute den nächsten Schritt vollzieht und die Schwerpunkte auf die ökonomischen Folgen des Klimawandel lenkt und vor allem Wege aufzeigt, wie diesen Folgen mit marktwirtschaftlichen Mitteln zu begegnen ist.

  • Warum ist die Frage von Bedeutung (oder auch unbedeutend)? Die Bedeutung ergibt sich weitgehend aus der rasanten Geschwindigkeit, mit welcher sich der Wandel vollzieht.
    Es stimmt was Klimaskeptiker sagen: „Die Erde hat schon ganz andere Klimaextreme gehabt“ (gefrorener Schneeball, globale Wüste oder sehr tropische Verhältnisse). Der kleine Schönheitsfehler in der Argumentation ist nur, dass all diese Perioden ohne Menschen stattgefunden haben. Und ein Schelm ist, wer zu der Vermutung kommt, dass das nicht nur daran liegt, dass wir da eben noch nicht geboren waren …
    Am Ende ist es müßig zu diskutieren (und darin liegt die Bedeutungslosigkeit der Frage) warum wir den Klimawandel haben. Letztlich ist das nur die Frage danach, ob wir als Folge eines klimatischen Unfalls in Schwierigkeiten sind, oder ob unser Schicksal selbstverschuldet ist. Deutlich interessanter ist die Frage: Können wir uns aus unseren Schwierigkeiten wieder befreien? …. denn in Schwierigkeiten sind wir.
    Zu keinem Zeitpunkt in der „belebten“ Erdgeschichte ist ein Wandel so schnell eingetreten wie jetzt (einzige mir bekannte Ausnahme ist der Meteoriteneinschlag in Yukatan, mit den bekannten Folgen für die Dinosaurier und ihre Leidensgenossen).
    Wir alle merken vor der eigenen Haustüre, dass auf einmal Zugvögel nicht mehr ziehen (teilweise oder gar nicht mehr), dass wir tierische Einwanderer aus dem Süden haben, die hier zuvor nicht heimisch waren. Andere Arten verschwinden (ganz oder wandern ihrerseits weiter in den Norden). Unsere heimischen Baumarten oder Wälder werden mit dem Klima nicht mehr fertig. Schwubs wird über robustere Arten nachgedacht, um die Forstwirtschaft aus der Gefahrenzone zu bringen (was absolut OK ist). Aber genau betrachtet bedeutet „robuster“ nichts anderes als „angepasster“, also eben an den oben beschriebenen Wandel.
    Kurz gesagt geht der Klima-Wandel so schnell voran, dass die „Ökosysteme“ (um das Wort zu benutzen) keine Zeit haben „als Ganzes“ mit zu wandern. Einzelne Bestandteile (Tier- oder Pflanzenarten) JA, aber die treffen dann auf eine feindliche Umgebung oder rotten unliebsame Konkurrenten am neuen Standort einfach gleich aus. Andere Bestandteile kommen nicht nach (siehe Wald) und werden dann einfach an ihrem Standort erledigt.
  • … noch kürzer: ES PASST NICHTS MEHR ZUSAMMEN!

Jetzt können wir uns unserem Schicksal ergeben (oder hoffen, dass es so schlimm schon nicht kommen wird), oder wir stemmen uns dagegen (entwickeln einen Plan).

Zu Ersterem hätte Charles Darwin eine passende Antwort für die Zukunftsperspektive, denn „nichts tun“ heißt von der Bildfläche verschwinden.
Bei Letzterem besteht – im schlechtesten Fall – die Gefahr, dass „Ahnungslosigkeit“ wegen fehlender Voraussicht durch Irrtum ersetzt wird, weil die erhofften Erwartungen ggf. nicht eintreffen. Im besten Fall erhalten/schaffen wir für Jene nach uns eine Perspektive.

Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat bereits verloren.
Überlegen Sie, zu welcher Gruppe Sie gehören wollen.

Aber vielleicht gibt es ja noch mehr gute Gründe sich an der Lösung zu beteiligen ….

3. AUSBAU ERNEUERBARE ENERGIE ALS CHANCE BEGREIFEN.

Vollkommen entgegen aller Unkenrufe der Klimaskeptiker, allen voran der AfD (Klimawandel-Leugner/-Lügner), ist die Energiewende der Ausgangspunkt für die mit weitem Abstand größte „ökonomische“ Transformation unserer Zeit und (so die Ironie des Schicksals) für eine der größten Chancen unserer Wirtschaftssysteme überhaupt.

3.1. DAS ZEITALTER DER RESSOURCEN-VERGEUDUNG IST VORBEI.

Das Zeitalter der rücksichtslosen Ressourcen-Vergeudung (das schließt unser Klima ein) wird, erdgeschichtlich gesehen in einer Momentaufnahme, ein jähes Ende finden (das kommt wie’s schlechte Wetter).
Was bleibt uns? 200 Jahre, 100 Jahre, oder doch nur noch 50 oder 30 Jahre. Darüber scheiden sich noch die Geister.
Jedoch niemand, der mit offenen Augen durchs Leben geht oder ein ernst zu nehmender Wissenschaftler ist, stellt sich die Frage, „ob“ die Depression oder der Zusammenbruch kommt, sondern nur „wann und mit welcher Härte“. Die Szenarien gehen von „die Menschheit wird es schon überleben“ bis hin zur „Auslöschung“.
In jedem Fall warten auf uns Katastrophen in biblischen Ausmaßen, wenn wir nicht reagieren. Einige davon haben wir bereits kennen gelernt: Nur ein Donald Trump kann glauben, dass die Waldbrände entlang der gesamten US-amerikanischen Westküste am schlechten Waldmanagement liegen. Gleichzeitig saufen andere Teile des Landes in tropischen Wirbelstürmen ab. Australien war nicht minder schwer betroffen. Die Zeit des Agierens haben wir längst verstreichen lassen und sind zum Spielball geworden.

3.2. ABER IMMERHIN BLEIBT UNS DAS REAGIEREN? UND ZWAR JETZT!

Die Klimaskeptiker neigen dazu, die Kosten der Energiewende in den Vordergrund zu stellen oder, wie die AfD, den wirtschaftlichen Niedergang zu prognostizieren. Beides sind nur ansatzweise / halbe / oder gar keine Wahrheiten (das liegt im Auge des Betrachters). Aber in jedem Fall sind solche „Argumente“ geeignet, Emotionen zu schüren, namentlich die Zukunftsangst. Die Betonung liegt auf dem Wort „Angst“. Denn wenn ich nichts Substanzielles vorzuweisen habe, dann ist das Schüren von Ängsten ein sehr effizienter (wenn nicht der einzige) Weg, eine Machtbasis aufzubauen (…das ist das Markenzeichen des Populismus).

Nun befindet sich der geneigte Bürger in einem Dilemma, einer scheinbar ausweglosen Situation. Beide Gedanken sind nicht sehr erfreulich (auch die Schilderungen der Konsequenzen des Klimawandels sind geeignet, Ängste zu schüren). Sie als Bürger haben, so scheint es, die Wahl zwischen Pest oder Cholera (oder beides gleichzeitig).

Es gibt jedoch einen Unterschied:

  • Die „Kassandra“-Rufer des Klimawandels haben ein Gebirge an Belegen, schlüssigen Argumenten und Zeugnissen und Konzepte.
  • Die „Unken“-Rufer der Klimaskeptiker haben …. NICHTS

Am Ende wird sich herausstellen, dass der Weg der Klimaskeptiker tatsächlich nur Pest und Cholera zu bieten hat (sie/wir werden ganz sicher das Klima ruinieren und in dessen Folge selbstverständlich auch die Grundlagen unserer wirtschaftlichen Existenz), wohingegen ein konsequentes Angehen der offensichtlich notwendigen Maßnahmen, aus der sich klar abzeichnenden Katastrophe, vielleicht nur eine Grippe werden lässt.

3.3. DER NEUE WEG DES HANDELNS IST EIN ALTER WEG.

Machen Sie sich Ihr eigenes Bild.
Bei nüchterner Betrachtung stehen die Kosten und Risiken bei denen hoch im Kurs, die mit der gegenwärtigen Form des (Miss-)Wirtschaftens vordergründig am meisten zu gewinnen haben und sich als Verliererkandidaten einer Energiewende sehen.
Gottlob ist gerade in weiten Teilen der deutschen Unternehmerschaft diese Sicht nicht Allgemeingut. Während unsere Regierungen noch im Dämmerschlaf sind (sie werden wohl demnächst hart geweckt), sind in der Wirtschaft längst die Weichen auf Zukunft gestellt. Denn die neue Form des nachhaltigen Wirtschaftens ist eine gigantische Quelle für Wertschöpfung. Was sonst braucht ein Wirtschaftssystem?
Also gehen wir die Energiewende ruhig mit den bekannten Methoden der Volks- und Betriebswirtschaftslehre an. Mag sein, wenn wir es dumm anstellen, dass die Energiewende unser Geld kostet. Aber wenn wir uns als Gesellschaft und politisch Handelnde nicht ganz so phlegmatisch verhalten wie bisher, werden die Unternehmerschaft, die Bürger und die Volkswirtschaft als Ganzes einen enormen Jobmotor schaffen.
Hier wachsen zwei Dinge zusammen, die zusammengehören.

Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen (oder zumindest zu erahnen), dass diejenigen, die sich dieser Herausforderung stellen (vorausschauen und sie annehmen) viel zu gewinnen haben … und wer sich dagegen sträubt oder (rückwärtsgewandt) gar entgegenhandelt, als Wirtschaftsfaktor schlicht von der Bildfläche verschwinden wird (das ist der Strukturwandel).

Wenn Ihnen jemand etwas anderes erzählt, sollten Sie dreimal überlegen/hinterfragen, was dessen Ziele sind.

Unsere eigene Zukunft und die Ihrer Kinder und Kindeskinder ist unendlich viel mehr Wert und wichtiger, als die kurzsichtige Gewinnmaximierung der „Jetztzeit –Weichensteller“.

3.4. WAS KANN ICH TUN?

Ganz einfach teilhaben und das nicht abstrakt, oder als Zaungast der Bundes-, Europa- oder gar der sich selbst hemmenden Welt-Politik, sondern hier in Windach:

Klar kostet das energetische Sanieren von Häusern Geld. Aber wenn dadurch die (Neben-)Kosten im selben Maß sinken, oder sogar was übrig bleibt?

  • Wenn Sie „unsicher“ sind, wie es um Ihren Wohnbestand bestellt ist, dann kann die Gemeinde sehr gut Hilfestellung geben (was in Windach und in den Landkreisen tatsächlich heute schon der Fall ist), um diese Verunsicherung zu beseitigen. Sie kann Ihnen die Mittel, ggf. einen unabhängigen Berater zur Seite stellen, damit Sie aus einer wagen Vermutung eine klare Handlungsgrundlage ableiten können.
    Ggf. können schon sehr einfache bauliche Maßnahmen am Bestand eine sehr große Wirkung erzielen:
    • Ein gedämmtes Dach oder Dachboden,
    • eine neue Brennwertheizung,
    • neue Fenster (ggf. auch instand gesetzte) und neue Türen
      können schon einen sehr großen Teil der Einsparpotentiale ausschöpfen ohne High-Tech oder riesige Investitionen.
    • Ein Vollwärmeschutz ist ebenso ein heißer Kandidat, aber mit deutlich höherem Aufwand verbunden. Deshalb es sollte Sie nicht wundern, wenn Sie am Ende Ihren Energieverbrauch halbieren oder vierteln können. Die Amortisation ist ggf. schon nach wenigen Jahren erreicht und schafft ihnen ggf. enorme Spielräume, wenn ihnen z.B. im Alter die Einnahmenseite wegbröckelt.
      Ob’s so ist? Schauen Sie einfach mit offenen Augen auf ihren Bestand.

Damit hätten Sie dann schon mal die bei weitem größte Quelle der Energiegewinnung ausgeschöpft, den STOP der Energie-Verschwendung.

Erst dann geht es weiter mit der Anlagentechnik Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpen und Pufferungssysteme etc..

ANMERKUNG: Hat schon mal jemand darüber nachgedacht, warum wir in der Regel mit Primärenergie nur heizen? Noch schlimmer, wenn das fossiles Öl oder Gas ist. Wenn schon, sollte man wenigstens erst einmal einen Generator damit betreiben (das private Blockheizkraftwerk, keine neue Idee, aber haben Sie das auf dem Schirm?).

Je nachdem, wie Ihre Entscheidung am Ende ausfällt, schaffen Sie für sich einen (im Finanzamtsdeutsch) geldwerten Vorteil und Jobs in Ihrer Region.

 

  • Sie als Steuerzahler sollten Einfluss darauf nehmen, wofür diese Mittel eingesetzt werden, die Sie der Gemeinde / dem Staat überlassen. Dezentrale bzw. lokale Energieerzeugung ist ein solches Thema. Die Gemeinde sollte Allen voran gehen und wo immer möglich in den eigenen Beständen oder für neue Projekte konsequent auf Energieeffizienz achten.Dazu zählt z.B.:
  • Die konsequente Umstellung auf dezentrale Strom-/Energieerzeugung in Blockheizkraftwerke und / oder Puffersystem (um überschüssige Wärme oder Strom in die Bedarfszeiten hinüber zu retten), wo immer möglich, im Verbund auch mit privaten Anwohnern.
  • Die Erzeugung regenerativer Energien durch Solarenergie, Windenergie, Geothermie etc. im Verbund mit lokalen (Puffer-) Speichersystemen stellt heute schon für viele Bürger und Unternehmungen ein wirtschaftliches Standbein dar. Aber nicht jeder kann daran teilhaben. Sei es, weil er die finanzielle Mittel nicht hat, ein solches Projekt umzusetzen oder weil er bei größeren Projekten schlicht ausgeschlossen wird (durch Markt-Beherrscher oder behördliche Auflagen).
    Hier kann die Gemeinde, ausgestattet mit weitreichender Gestaltungshoheit, einspringen und selber als Projektpartner auftreten und den Bürgern in einer Art genossenschaftlicher Beteiligung, einen Zugang ermöglichen.
  • Die Gemeinde hat darüber hinaus die gestalterische Möglichkeit, wie schon bei den eigenen Liegenschaften (siehe oben), Vorgaben zu machen und vor allem Anreize zu setzen in (Neu-) Baugebieten für energieeffizientes Bauen. Es ist klar, dass die baulichen Maßnahmen am Baukörper und die Anlagentechnik als Kostentreiber für Bauherren ausgemacht sind. Tatsächlich ist aber der größte Kostentreiber das Bauland selber. Da die Gemeinde maßgeblich in diesen Kreislauf eingebunden ist, können die Mehrkosten durch energieeffizientes Bauen für den Bauherren relativ leicht gedämpft werden. Die Kosten für das Bauland werden von einer Energieeffizienzplanung abhängig gemacht. Es geht also darum, den Bauherren den finanziellen Gestaltungsspielraum zu verschaffen, um für sich und die Umwelt das Beste zu erreichen.
    Vorschriften führen nur zu halbseidenen und minimalistischen Ergebnissen. Nichts zu tun muss sichtbar so viel teurer (ein Nachteil) sein, dass damit die wahren Kosten der nicht eingesparten Energie bepreist werden. Wenn Sie so wollen, betrachten Sie das Ganze als CO2-Steuer beim Grundstückskauf, nur dass hier der Staat nichts abschöpft, und die lenkende Wirksamkeit vollständig der Kontrolle der Bauherren überlassen werden kann.
    Bei der Bewertung der Bauplanungen könnte der oben genannte unabhängige Energieberater sehr gut mit eingesetzt werden.
4. ENERGIEQUELLE NR. 1 – ENERGIE SPAREN

Worum geht es in diesem Abschnitt? Es sollen Wege aufgezeigt werden, wie aus Bestandsimmobilien jeden Alters, im besten Fall moderne, energieeffiziente und vor allem sparsame Domizile werden können. Aber auch, wenn Sie ein Neubaukandidat sind, hilft es Ihnen ggf. die eine oder andere Entscheidung zu treffen, oder den Argumenten von Fachleuten zu folgen, zu trauen oder im Einzelfall vielleicht auch mal zu misstrauen.

Um herauszufinden, ob eine Gebäudesubstanz Bedarf oder Potential für eine wirtschaftliche Gebäudesanierung hat, ist es ratsam, sich zunächst einmal selber einen ersten Eindruck zu verschaffen (wenn Sie ihn nicht schon haben). Bei einem Neubau sollte sich diese Frage gar nicht stellen, da wüssten Sie vermutlich, was Sache ist (zumindest sollten Sie das). Bei einer Bestands-Wohnung oder Gebäude ist das sehr wahrscheinlich anders.

Natürlich können Sie alles vom einem x-beliebigen Fachmann oder der Fachfrau machen lassen. Das hat aber als Nebenwirkung, dass Sie diesen zu 100% vertrauen müssen, oder, anders ausgedrückt, ihnen ausgeliefert sind. Zumindest hat das erst einmal einen unguten Beigeschmack, da man üblicherweise nicht wissen kann, wen man sich da ins Haus holt. Das hat schon ein Stück weit etwas von „Russischem Roulette“.

Gut, wenn Sie eine Ahnung haben von dem, was Sie erwartet. Es ist immer besser zu verstehen was ihnen als Gebäudestatus gemeldet wird und die vorgeschlagenen Sanierungskonzepte auch selber nachvollziehen zu können. Selbst wenn Sie nicht alles verstehen, die Fragen jedoch, die Sie stellen, werden sehr viel gezielter sein, wenn Sie sich erst einmal mit den Grunddaten auseinandergesetzt haben.

ANMERKUNG: Bei der Auswahl eines Beraters oder einer Beraterin suchen Sie am besten nach Unabhängigkeit. Einige (bestimmt nicht alle, wenn sie gut sind) Fachleute für Heizungsbau werden Ihnen Heizungen verkaufen wollen, Fassadenleute nur Dämmungen und der Schreiner verkauft Ihnen die Fenster, usw. Unabhängige Energieberater gibt es, aber letztlich kennen Sie auch hier die Netzwerke dahinter nicht. Am besten Sie fragen sich durch, z.B. bei Bekannten, oder Sie versuchen es beim LK Landsberg https://www.verbraucherzentrale-bayern.de/beratungsstellen/landsberg-am-lech-energieberatung, die helfen bestimmt gerne.
Das „A und O“ ist, dass Sie Vertrauen gewinnen.

4.1. DIE BESTIMMUNG DER ENERGIEEFFIZIENZ

Um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen, braucht es zunächst nicht mehr als einen Meterstab (oder den Bauplan) und die Heizkosten- (Öl, Gas, Pellets etc.) und die Stromabrechnung. Wenn Sie wissen, welche Energie Sie im Jahr für Ihr Gebäude oder die Wohnung eingesetzt haben und diesen Wert durch die Nutzfläche teilen, dann haben Sie das Wichtigste schon hinter sich.

Wenn Sie z.B. mit Öl heizen, werden Sie wissen wieviel Liter Öl Sie im Jahr verbraucht / nachgetankt haben. Beim Gas sind es die Kubikmeter, welche Sie verbraucht haben.
Nehmen Sie den Wert mal 10 und schon wissen Sie die Kilowattstunden (kWh) pro Jahr (bei Pellets/Holz ist der Faktor ca. 5 kWh/kg).
Ein Beispiel: 3.600 l Öl x 10 = 36.000 kWh Heizenergie. Dazu addieren Sie die kWh elektrischer Stromverbrauch, z.B. 4.000 kWh und kommen auf 40.000 kWh/Jahr.
Bewohnen / beheizen Sie damit z.B. eine 200 m² Wohnung, entspricht das einer Energieeffizienz von 200 kWh/Jahr/m² und Sie können getrost davon ausgehen, dass ihre Wohneinheit deutlich Potential hat etwas zu verbessern.

Zum Vergleich: ein KfW100(%) Haus, das sogenannte Referenzhaus, hat eine Energieeffizient von 70 kWh/Jahr/m² (Energieeffizienzklasse B). Neubauten haben heute KfW70(%) Standard (knapp 50 kWh/Jahr/m², entspricht Klasse A), oder KfW40(%) (knapp 30 kWh/Jahr/m², entspricht Klasse A+).

In Euro ausgedrückt wären das, bei 3.600 Liter Heizöl Ihres Bestandes, gegenüber 1.000 Liter Heizöl eines KfW100 Hauses, ein Gegenwert von ca. 1.800,-Euro/Jahr, bei einem Heizölpreis von 70 Cent/Liter.

ANMERKUNG: KfW steht für „Kreditanstalt für Wiederaufbau“, ist dem Bundes Wirtschaftsministerium unterstellt und vergibt Fördergelder / Kredite für energetisches Bauen und Sanieren.

Jetzt gibt es drei Verhaltensoptionen:

  1. Sie tun nichts am Objekt und sparen so viel Geld auf der Bank an, dass es bis zum Ende Ihrer Tage zum Heizen reicht (oder Sie haben es schon auf der Bank. Hoffen wir mal, dass es dort auch bleibt und die Öl/Gas-Preise stabil bleiben).
  2. Sie überlegen sich, wie hoch eine Investition ausfallen kann, damit Sie sich das Ganze nach z.B. 10 Jahren rechnet („amortisiert“, wie der Ökonom sagt). Das wären dann im Beispiel oben 18.000,- €
  3. Oder Sie überlegen sich, welche finanziellen Mittel Ihnen jetzt und im Alter zur Verfügung stehen werden. Ggf. ist es sinnvoll jetzt zu investieren, um im Alter 150,-€/Monat (Stand heutiger Ölpreis) mehr von der Rente/Pension zu haben.

Soweit sind das alles erst einmal nur „Milchmädchenrechnungen“, und es gäbe 1.000 andere Dinge zu bedenken und zu erwägen. Aber darauf kommt es hier im Moment nicht an. Mit dieser schnellen Einschätzung sind Sie vermutlich schon mal zu 80 bis 90% an der Wahrheit dran und können etwas entscheiden (und das alles ohne irgendjemanden fragen zu müssen):

  • „weiter machen wie bisher“
    weil alles ok ist,
    oder Sie Plan a) verfolgen,
  • oder „den nächsten Schritt machen“ …..

… und was ist der nächste Schritt?

Jetzt kommt der Punkt wo Sie herausfinden müssen, wo die Schwachstellen im System sind und wo die effizientesten Investitionen möglich sind.
Ggf. ist es ja schön, dass Sie jetzt die super-duper dreifachverglasten Schallschutzfenster mit Pilzkopfsicherheitsverriegelung im Haus haben, aber auf der Dachhaut können Sie im Winter Spiegeleier braten oder im Keller rumpelt immer noch Onkel Xavers alter Heizkessel von „Anno Tobak“. … dann haben Sie etwas falsch gemacht.
Es ist „eventuell“ günstiger, erst über die Dämmung der Dachhaut nachzudenken und den Heizkessel durch eine Brennwertanlage (oder was auch immer) zu ersetzen. Da haben Sie, wenn‘s gut läuft, mal eben schnell die Heizkosten schon halbiert.

Aber nicht so schnell. Im nächsten Teil kommt das kleine 1×1 der Bauphysik.

4.2. DAS KLEINE 1X1 DER BAUPHYSIK

Worum geht es in diesem Abschnitt? Hier werden die Grundlagen der Bauphysik erklärt, um das „Warum“ einer bestimmten Maßnahme zu verstehen. Stichworte sind Dämmung, Isolation und der Taupunkt.

Die Schwachstelle finden heißt nichts anderes, als den Punkt (die Punkte) zu identifizieren, welche das Problem bilden. Wenn Sie diese Schwachstellen gefunden haben, sollten Sie sich darüber klar werden, welchen Effekt eine eventuelle Behebung bringt und welches der Aufwand ist, den man dafür betreiben muss.

Fast immer, und das ist die gute Nachricht, laufen der ökonomische/wirtschaftliche Nutzen und die ökologisch wirksamsten Maßnahmen im Gleichtakt. Will sagen, wenn Sie eine Maßnahme mit vergleichsweise überschaubaren Mitteln umsetzen können, löst das meistens auch den verhältnismäßig größten Teil des Problems.
Es ist sowohl ökonomisch wie auch ökologisch sinnvoll, zunächst diese „Quick-Wins“ (schnellen Gewinner) einzustreichen als sich in aufwändigen Details zu verheddern. Die letzten 10-25% Effizienzsteigerung kosten unverhältnismäßig mehr als die ersten 75 –90%.
Und wenn sie 75 oder 90% schaffen, dann haben Sie sich und der Klimawende bereits einen riesigen Dienst erwiesen.

Damit Sie bei der Suche nicht in die falsche Richtung rennen, müssen/sollten Sie sich über ein paar Grundlagen der Bauphysik im Klaren sein.

  • Denn nicht jede Maßnahme kann für sich allein durchgeführt werden
  • und es müssen bei Weitem auch nicht alle Maßnahmen gleichzeitig ergriffen werden.

Am besten wir fangen vorne an:

Die Isolation. Das ist in erster Linie (technisch ausgedrückt) das „Verlangsamen“ des Energie- / Wärmeabflusses (Wärmeverlust) einer Wohneinheit. Gründe für den Wärmeabfluss kann es zwei geben:

  1. die Wärme diffundiert (wandert) durch das Mauerwerk, das Fenster, den Fußboden, usw. in die Umgebung. Das geschieht, ohne dass auch nur ein einziges Molekül von innen nach außen gewandert ist.
  2. die Wärme wird einfach durch Zugluft, z.B. undichte Türen, Fenster, oder die Dachhaut nach außen transportiert. Hier wird, im Gegensatz zu a), ggf. jede Menge Luft nach außen getragen und mit ihr auch die darin gespeicherte Wärme.

ANMERKUNG: Im Zusammenhang hier soll natürlich nur über undichte Baukörper etc. gesprochen werden, aber ein Abluftwäschetrockner oder eine Abluftdunstabzugshaube macht genau dasselbe. Da geht nicht nur die Abwärme der Geräte in die weite Welt …

Beide Effekte sind ausnahmslos und immer am Werk, egal ob Neu- oder Altbau. Es gibt jedoch einen gravierenden Unterschied zwischen moderner und alter Bauweise, dessen man sich klar sein muss.

Alte Gebäude sind vergleichsweise undicht im Sinne von Zugluft. Moderne Gebäude sind vergleichsweise dicht. Damit wird der Punkt b) oben unterbunden.

Zur Verdeutlichung: Man kann davon ausgehen, dass Menschen weder heute noch in der Vergangenheit gerne frieren / gefroren haben, was bedeutet, dass die Raumtemperatur immer auf dem selben Niveau gehalten wird/wurde; … sagen wir mal 20°C.

20°C warme Luft bedeutet aber auch (und da sind wir schon bei dem zweiten sehr wichtigen Punkt, der Luftfeuchtigkeit und dem Taupunkt), dass in der Luftmasse ein gewisses Maß an Feuchtigkeit enthalten ist. Mehr noch, je wärmer die Luft ist, umso mehr Feuchtigkeit kann sie speichern, je kälter sie ist, umso weniger (siehe Diagramm rechts. Z.B. sind das 5 Gramm (g) Wasser bei einer Lufttemperatur von 0°C, pro Kubikmeter Luft; fast 10 g Wasser sind es schon bei 10 °C; und 40 g bei 35°C, usw.).

Diese Obergrenze der Wassermenge, die bei einer bestimmten Temperatur maximal aufgenommen werden kann, nennt man „Sättigungsmenge“.

Zur Verdeutlichung gehen Sie im Diagramm auf die Untere Skala „Temperatur in Grad Celsius“ zu irgendeiner Temperatur (z.B. 20 °C) und wandern von diesem Punkt aus mit dem Finger genau senkrecht nach oben, bis sie die gepunktete, rote Kurve schneiden. Von diesem Schnittpunkt aus wandern Sie dann genau horizontal nach links, bis Sie die vertikale Achse schneiden („Wassermenge in Gramm pro Kubikmeter“). Dort können Sie dann die Wassermenge ablesen, die 20°C warme Luft maximal speichern kann (hier 17,5 g Wasser pro m³) – Mehr geht nicht.
Ist die Luft gesättigt (also 100% relativer Luftfeuchtigkeit), beginnt diese Feuchtigkeit zu kondensieren (Tröpfchen zu bilden) weil,

  • entweder weiter Feuchtigkeit zugeführt wird, welche die Luft gar nicht mehr aufnehmen kann
  • oder die Luft abgekühlt wird und es bilden sich Tröpfchen aus dem Wasser, das die Luft dann eben nicht mehr speichern kann.

D.h. es bildet sich Nebel, oder Wolken (wenn das Zeug dann runterfällt, nennt man das in der freien Natur „Regen“), oder Wasserdampf überm Wasserkessel, das „Wasser läuft an den Scheiben runter“, die Wände sind feucht, oder die Möbel sind klamm, usw. mit allen unangenehmen Folgeerscheinungen, bis hin zum Schlimmsten und das ist die Schimmelbildung. Das Überschreiten dieser 100%-Sättigungsmarke ist genau das was als „überschreiten des Taupunktes“ oder einfach als der Taupunkt bezeichnet wird.

Unter normalen Bedingungen ist Luft aber nicht zu 100% gesättigt. Der Wert liegt in der Regel niedriger. Sehen Sie als Beispiel rechts, die Anzeige einer gewöhnlichen Wetterstation. Im roten Kasten, unten auf der Anzeige, sehen Sie die Außenluft- Temperatur (mit 6,1 °C) und die relative Feuchtigkeit (mit 55 %). Im blauen Kasten sehen Sie die entsprechenden Werte für die Raumluft im Inneren des Gebäudes.

Wieviel Wasser die Luft jedoch tatsächlich speichert, hängt davon ab, wieviel Wasser überhaupt verfügbar ist. Wenn z.B. bei 20°C warmer Raumluft nur 10 g Wasser verfügbar sind / in der Luft gespeichert sind, dann kann die Sättigung (17,5 g Wasserbei 20°C = 100% relative Luftfeuchtigkeit) gar nicht erreicht werden und man spricht von z.B. 50% relativer Luftfeuchtigkeit. Wenn jetzt diese warme Raumluft mit einer kalten Außenmauer oder dem Fenster in Kontakt kommt, wird sie abgekühlt und die relative Luftfeuchtigkeit steigt in der Folge bis zur Sättigungsgrenze an und führt beim Überschreiten dieser Grenze (des Taupunktes) zur Kondensation.
Ich kann mich nur zu gut an meine Kindheit in den „saukalten“ 1960ger-Jahre-Wintern erinnern: einem kleinen Bauernhof im Herzen Niedersachsens, geheizt wurden die Küche und bestenfalls die Stube mit Torf, Holz oder seltener mit Koks oder den teuren Braunkohlebriketts; die Fenster waren einfach verglast. Morgens, wenn wir aufgewacht sind, waren am Küchenfenster wunderschöne Eisblumen zu sehen, unten am Glas hatte sich ein zum Teil zentimeterdicker Eispanzer aus Kondenswasser gebildet. Aber die Wände waren trotzdem trocken, auch wenn sie kalt waren. Die Fenster waren eben noch kälter.
Darüber hinaus ist die (Luft-)Raumfeuchtigkeit zum wesentlichen Teil über die undichten Fenster (an sowas Exotisches wie Fensterdichtungen hat damals niemand gedacht) nach außen getragen worden. Die alte Bausubstanz hat gleichsam darunter gelitten, aber auch davon profitiert, dass es erstens eindeutig sehr kalte Punkte, die Fenster als Kältepole, gab und zweitens die Luft im Baukörper durch die undichten Fenster und Türen im ständigen Austausch war. … ein energetischer Rohrkrepierer zwar, aber es hat funktioniert, über Jahrhunderte.

In den frühen 1970er Jahren hat man dann die Fenster- und Türdichtungen und die Thermopen-/Zweifach-Verglasung entdeckt. Man wollte ja schließlich – und das ist sehr löblich – Heizkosten sparen. Der eigentlich gute Gedanke hat jedoch den Schönheitsfehler, dass nun nicht mehr die Fenster der Kältepol waren, sondern die Wände und wegen der tollen Dichtungen auch sonst der Luftaustausch deutlich gebremst wurde, mit teilweise verheerenden Folgen. In dieser Zeit dürfte auch der Begriff des „Kaputtisolierens“ entstanden sein, was bis heute bei vielen Menschen eine gewisse Skepsis gegenüber modernem Bauen aufkommen lässt.

Modernes Bauen geht aber vollkommen anders. „Beide“ Punkte a) (isolieren) „und“ b) (abdichten) werden konsequent auf die Spitze getrieben. Ganz überragend wichtig ist dabei, dass warme Innenluft nicht mit kalten Baukörperkomponenten in Kontakt kommt. D.h. das Einsetzen von superisolierenden Fenstern sollte ggf. nicht ohne gleichzeitige Isolation der Wände erfolgen. Die Bauabdichtung hat zweierlei Aufgaben. 1. kein Energieverlust durch unkontrollierten Luftaustausch und 2. keine warme/“relativ“ feuchte Raumluft soll irgendwo auf dem Weg nach Draußen auskondensieren.

Der Knackpunkt ist, dass alle Baukomponenten, die Außenwände, die Türen und Fenster, die Dachhaut, der Fußboden (soweit er gegen das Erdreich stößt) soweit erwärmt werden, dass eine Schwitzwasserbildung nicht sattfinden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die relative Luftfeuchtigkeit im Wohngebäude unter Kontrolle ist (dazu gleich mehr). Aber zunächst sollen ein paar falsche Wahrheiten angesprochen werden:

  1. Häufig wird ins Feld geführt, dass die Luftfeuchtigkeit z.B. durch das Mauerwerk wandert (diffundiert) und es dann in der Wand oder z.B. an der Grenzschicht zwischen einem evtl. vorhandenen Vollwärmeschutz und der Mauer zur Schwitzwasserbildung kommt.
    Diese Aussage ist schlicht falsch. Mauerwerk trägt nicht nennenswert zur Feuchtediffusion bei (wer sich mit dem Feuchtedurchgange durch z.B. eine Wand näher befassen will, sei auf den Wasserdampfdiffusionswiderstand und das Glaser-Verfahren verwiesen).
    Es stimmt, dass man hier gravierende Fehler machen kann, aber das liegt dann in der Regel daran, dass durch mangelnde Abdichtung warme Raumluft hinter die aufgewärmte Oberfläche gelangt. Das kann passieren, wenn z.B. bei einer Innendämmung nicht penibelst darauf Acht gegeben wird, dass die Randbereiche der Isolation gegen das kalte Mauerwerk hinreichend abgedichtet werden.
  2. Dasselbe gilt für eine Dämmung der Dachhaut. Hier wird über eine nahezu diffusionsdichte Folie im Normalfall die warme Innenluft von der deutlich kälteren Außenluft getrennt. Weiter unten wird erklärt, warum das funktioniert.
  3. Ich habe schon mehrfach gehört, dass von z.B. einer 3-fach Verglasung abgeraten wurde, weil diese Fenster angeblich „zu dicht“ sind (warum auch immer das ein Problem sein soll, hat sich mir nie erschlossen). Aber das ist ohnehin kompletter Unsinn. Ein Fenster wird nicht mehr oder weniger dicht durch die Anzahl der Scheibenlagen. Ein Fenster mit Einfachverglasung ist auch nicht undichter, als eines mit einer Doppel- oder Dreifachverglasung. Die Dichtigkeit wird ausschließlich über die Rahmenprofile und die eingesetzten Dichtungen bestimmt.

Zurück zur Bauphysik: Was Luftfeuchtigkeit bzw. Schwitzwasserbildung mit dem Taupunkt zu tun?

Es stellt sich nun die Frage: „Kann ich abschätzen ob ich Gefahr laufe, dass es irgendwo im Baukörper zur Kondenswasserbildung kommt?“, der Taupunkt überschritten wird.
Das herauszufinden, da hilft das folgende Diagramm.

Schauen wir uns dieses etwas genauer an, es ist am Schwierigsten zu verstehen.
Zunächst einmal besagt die schwarze Diagonallinie (Diagrammmitte, von links unten 0/0 nach rechts oben 40/40), dass es bei jeder Temperatur eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% geben kann (Sättigung der Luft / Taupunkt).
Jede weitere Zufuhr von Feuchtigkeit oder jede, noch so geringe, Senkung der Lufttemperatur, führt, wie oben schon erklärt, unweigerlich zur Ausbildung von Schwitzwasser / Kondensat. Die damit verbundenen Wassermengen sind jedoch vollkommen unterschiedlich, wie Sie aus dem Diagramm weiter oben entnehmen können.
Wenn Sie eine Wetterstation zur Hand haben, dann können Sie selber abschätzen, ob es ein Problem in Ihrem Bestand gibt oder nicht.
Stellen Sie diese in dem Gebäudeteil auf, der Sie interessiert bzw. den Sie untersuchen wollen. Nach einiger Zeit, wenn sich die Anzeigen stabilisiert haben, lesen Sie Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit ab. Begeben Sie sich auf der unteren Skala im Diagramm (Lufttemperatur) zur abgelesenen Temperatur (z.B. 21 °C) und folgen Sie der rot gestrichelten Linie aufwärts, bis Sie die Diagonale mit der abgelesenen relativen Luftfeuchtigkeit kreuzen (hier im Beispiel sind das 50%, die grüne Diagonale, gekennzeichnet mit den beiden roten Endpunkten). Von diesem Schnittpunkt folgen Sie der gelben gestrichelten Linie solange nach links, bis Sie die 100% (schwarze) Diagonale treffen und in dem Schnittpunkt den Taupunkt ablesen können.

Am Ende heißt das nicht anderes, als dass 21°C warme Luft, mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50%, bei 10°C ihren Taupunkt hat.
Und so können Sie für jede x-beliebige Kombination von Lufttemperatur und rel. Luftfeuchtigkeit verfahren.

Bis hierher gibt es eigentlich noch gar kein Problem, da ja die Luft so eben erst „gesättigt“ ist.
Wenn man diese Luft jetzt aber weiter abkühlt, z.B. um weitere 5° (siehe grüne gestrichelte Linie) wird Feuchtigkeit aus der Luft auskondensieren …
… und zwar genau so viel, wie es dem Unterschied „der Fähigkeit Feuchtigkeit aufzunehmen bei 10°C (mit 100% relative Luftfeuchtigkeit) bzw. bei 5°C entspricht“ (siehe schwarzer Doppelpfeil). Wir erinnern uns: Bei 10°C sind das etwa 10 g/m³ (siehe oben) und bei 5°C sind das etwa 6 g/m³.

Das bedeutet am Ende wiederum nur, dass Sie bei der Suche nach den Problemzonen (in diesem Beispiel) die Stellen im Haus, der Wohnung finden müssen, die kälter als 10°C sind. – Soweit die reine Lehre -. Tatsächlich besteht ein deutliches Kondensationsrisiko schon ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80%. D.h., wenn Sie in dem Beispiel bleiben und Stellen finden, die auch nur 11 oder 12 °C „kalt“ sind, sollten Sie schon wachsam werden.

„Schreckliche Erklärung“, oder? Aber wenn es nicht bei ersten Mal klar wird, nehmen Sie sich ein wenig Zeit und gehen die gestrichelten Linien noch einmal Stück für Stück durch. Ich selbst habe lange gebraucht, bis es mir klar geworden ist. Aber wenn es einem erst einmal klar geworden ist, ist das Verständnis der Folgen sehr umfassend.

Im Beispiel oben werden pro Kubikmeter Luft 4 g Wasser auskondensiert, hört sich nicht nach viel an? Aber das sind bei einem gewöhnlichen 16 Quadratmeter-Zimmer 154 g = 1 1/2 Weingläser voll, die Sie verschütten. Rechnen Sie selber aus, was das für ihre Wohnung bedeutet.
Teilen Sie es durch die Fläche der Gebäudehülle und Sie wissen, was das für die Feuchtigkeitsbelastung pro Fläche bedeutet.
Und es wird unmittelbar klar, warum Kältebrücken / Kältepole im Gebäude „tödlich“ sind: dann läuft die „ganze Suppe“ nämlich an einem Punkt zusammen.
Anmerkung: Früher waren das die oben schon angesprochenen Eisblumen-Fenster.

Diese Logik ist vollkommen gleich, unabhängig davon, bei welcher Ausgangstemperatur Sie anfangen. Nur die beteiligten Wassermengen ändern sich.

Draus folgt auch, dass es z.B. eine blöde Idee ist, im Sommer den Keller zu lüften. Dann trifft die sehr warme und damit feuchte, Außenluft auf die kalten Kellerwände. Die Folgen sollten Ihnen jetzt klar sein. Im Winter Lüften ist viel besser, da dann die Temperaturgegensätze nicht so extrem sind.

Sie können die Logik auch umdrehen. Wenn Sie wissen, welche relative Luftfeuchtigkeit draußen herrscht, dann können Sie sich ausrechnen welche relative Luftfeuchtigkeit Sie in der Wohnung haben, wenn Sie nur wissen welche Temperaturen draußen und welche drinnen herrschen. Fast jede digitale Wetterstation zeigt Ihnen das an. Überprüfen Sie es. Sie sollten nicht überrascht sein, wenn Sie auf einmal verstehen, warum Sie im Winter in der Wohnung immer so einen trockenen Hals haben.

Durch bloßes Nachdenken werden Sie noch auf beliebig viele andere Konsequenzen stoßen …

… aber wir sind ja bei der Bauphysik.

Das Bild unterhalb zeigt Ihnen beispielhaft, was das für einen Bau bedeutet.

Quelle: Wärmedämm-Verbundsysteme BaumitBayoson

Links ist ein Mauerwerk ohne Dämmung zu sehen, rechts mit Dämmung. Beachten Sie die Temperaturen auf der inneren Maueroberfläche, 16°C links gegenüber 19° rechts. Das hört sich erst einmal nach nicht viel an, ist aber, wie Sie jetzt wissen, durchaus von Bedeutung. Unser Beispiel oben geht von 50% relativer Luftfeuchtigkeit aus. Was wäre bei höherer Luftfeuchtigkeit im Raum? Was ist, wenn der Temperaturabfall noch gravierender ist (bei einschalig gemauerten Siedlungshäusern aus den 50er Jahren gar keine Seltenheit (eher Standard).

Und hier schließt sich der Kreis. Solange Sie mit der Oberflächentemperatur der Innenwand über dem Taupunkt der Raumluft bleiben – ist die Welt in Ordnung, da die Feuchtigkeit „nicht“ durch die Wand diffundieren / wandern kann.
Von außen nach innen ist sowieso nie ein Problem, weil mit steigender Temperatur (schauen Sie auf den Temperaturverlauf in der Mauer) die relative Luftfeuchtigkeit abnimmt.

Die höhere Oberflächentemperatur auf der Innenwand führt zudem noch zu zwei sehr angenehmen Nebeneffekten. Das eine ist die Wärmestrahlung. Das andere die Wirkung des Mauerwerks als Wärmepuffer.

Zur Wärmestrahlung ist zu sagen, dass ausnahmslos jedes Objekt, ob wir Menschen das sind (als lebendiger Körper) oder ein unbelebter Ziegelstein, (Wärme-)Strahlung abgibt. Die Strahlungsleistung steht dabei im Verhältnis zur Oberflächentemperatur.

ANMERKUNG: Es ist hier nicht wichtig, aber wen es interessiert: Bei unbelebter Materie steckt dahinter das Plancksche Strahlungsgesetz; Der Herr Planck ist jener Herr, den ältere Semester noch vom alten Zwickl aus D-Mark-Zeiten kennen.
Wir empfinden als „warm“, was stärker strahlt als wir selber und als „kalt“, was weniger stark strahlt. Da dieses von der Temperatur abhängt, wird unmittelbar klar, warum es einem bei einer kalten Wand oder Glasscheibe „kalt in den Nacken“ zieht. Oder man sich am Kachelofen so wohl fühlt.

Dazu kommt die Wirkung der Mauer als Wärmepuffer, welcher die Raumtemperatur auch bei Wetterextremen (z.B. Sommer / Winter) relativ konstant hält. Deshalb sind Gebäude mit massiven Wänden im Sommer schön kühl und sorgen im Winter, so sie denn gut gedämmt sind, für ein wohliges Wärmegefühl.
Je höher die Masse, umso größer die Pufferwirkung.

Die Kehrseite der Medaille liegt jedoch darin, dass massives / kompaktes Mauerwerk auch ein relativ guter Wärmeleiter ist, was wiederum erklärt, warum „nicht“ gedämmtes, massives Mauerwerk hohe Wärmeverluste hat und daher kalt in den Nacken zieht, oder man sich dort den sprichwörtlichen Ar… abfriert.

Als Zusammenfassung kann man sagen, dass die oben beschriebene Logik für alles gilt. Nicht nur für Mauerwerk, sie gilt genauso für Trockenbauwände, Fenster und Türen, eine Dachsparrendämmung oder den Fußboden, insbesondere wenn er mit dem Erdreich in Kontakt steht.

Am besten erreichen Sie eine gute wärmepuffernde Wohnraumhülle mit guter Wärmeisolation nach Außen und einem geringen Temperaturunterschied zwischen Raumluft und Innenwand-Oberflächentemperatur …
… und dieses ist genau das, was mit modernem Bauen erreicht wird.

Zwei Punkte sind aber noch zu betrachten, ohne die ein Konzept ggf. auf fatale Weise schief gehen kann.
Die Abdichtung des Wohnraumes hat zur Folge, dass 1. im Inneren des Baukörpers erzeugte Feuchtigkeit, diesen auch nicht mehr verlässt und 2. wir den Sauerstoff im Baukörper langsam aber sicher „wegatmen“. Und das ist in den Anfangstagen auch tatsächlich das eine oder andere Mal richtig schief gegangen, insbesondere wenn irgendwo noch eine Feuerstelle betrieben wurde. (Dank Feuerstättenverordnung und aufmerksamen Schornsteinfegern gehören letztere Ereignisse heute der Vergangenheit an).
Wie auch immer, ebenso wichtig wie die Isolation und Abdichtung ist die Kontrolle der Raumluftfeuchtigkeit und Sicherstellung der Luft- / Sauerstoffzufuhr.

Das Zauberwort hierfür ist die Belüftung. Und hier wiederum gibt es zwei Konzepte, die Stoßlüftung oder die Zwangsbelüftung. Zur Zwangsbelüftung soll hier nichts gesagt werden (das ist nur etwas für Fachleute; Stichworte sind: „zentral“ / „dezentral“; „Wärmerückgewinnung“, „Hygiene“ / Schimmelbildung“ / „bakterieller Befall“). Aber das Thema Stoßlüften oder Querlüfter könnte beim Thema Sanierung durchaus eine Variante sein, die geht, wenn man sich über das Konzept einige Gedanken gemacht hat.

Damit haben Sie das Rüstzeug um die Schwachstellen in ihrem Wohnbestand zu erkennen. Und vor allem können Sie jetzt jede Maßnahme in Bezug auf ihre Wirkung einschätzen.

4.3. DIE BESTANDSAUFNAHME

Worum geht es in diesem Abschnitt? In diesem Abschnitt wird erklärt, wie man mit einfachen Mitteln eine Bestandsaufnahme machen kann, um die energietechnischen Schwachstellen in einem Wohngebäude zu finden.
Also ran ans Werk. Baupläne auf den Tisch, so Sie denn welche haben, oder Meterstab zur Hand nehmen und den Wohnbestand ausmessen.

Flächenaufmaße:
Was Sie brauchen, sind die Flächenmaße der Gebäudehülle.

  • Bestimmen Sie den Grundriss der Wohneinheit: Länge x Breite (incl. Anbauten). Das geht auch zimmerweise.
  • Bestimmen Sie die Geschosshöhen (auch das geht zimmerweise. Haben Sie eine Höhe in einem Zimmer, gilt diese in der Regel für das ganze Geschoss)
  • Bestimmen Sie die Flächen der Türen und Fenster
  • Bestimmen Sie Wandstärken, wo immer möglich

ANMERKUNG: Am besten Sie machen das in einem Abwasch auch gleich für alle Innenwände. Diese Maße werden Sie beim Umbauen und Sanieren immer wieder benötigen.

 

Am besten Sie gehen strukturiert vor. Geben Sie jedem Zimmer eine Nummer, einen Namen oder sonst irgendeine eindeutige Zuordnung. Dann ordnen Sie die Außenwände zu. Z.B. für das Elternzimmer im Parterre mit zwei Außenwänden, die Wand nach Süden könnte heißen: Raum-II-PS und die nach Osten: Raum-II-PO. Dann ordnen Sie dieser Kennung die Eigenschaften zu, zunächst die Fläche, z.B.:
Raum-II-PS Fläche = (Breite x Deckenhöhe) 4 x 2,4 m = 9,6 m² und ist 36cm dick.
Und so weiter, bis Sie von jedem Zimmer bzw. Geschoss alle Außenwände auf gemessen haben.
Fußböden nicht vergessen und unterm Dach ggf. Schrägen, Kniestöcke usw. einzeln betrachten / auf messen.
Machen Sie dieselbe Übung für alle Außentüren und -fenster.

Und jetzt überlegen Sie, wie der Aufbau der einzelnen Bauteile ist. Welches Material, ggf. welche Materialschichten und wie dick sind diese? Z.B. die Raum-II-PS könnte eine einschalig, massive gemauerte Tonziegelwand sein und 24 cm dick (50er Jahre Siedlungsbau) oder 36 cm Wand aus Hochlochziegeln (eher neueres Baujahr). Sind evtl. schon Dämmschichten enthalten (Hohlwand, Kombination mit Porenbetonziegel, Außendämmung, Innendämmung, etc.)?

Bei den Türen und Fenstern schauen Sie auf die Verglasung, Einfach-, Doppel-, oder Dreifachverglasung.

Wenn Sie etwas nicht wissen oder herausfinden können, dann vermerken Sie auch das. Das geht dann in eine „das-muss-ich-noch-herausfinden-Liste“, oder Sie bitten / beauftragen jemanden, das für Sie zu tun, „nachdem“ Sie mit allem durch sind (Salamitaktik führt nur zu unnötigen Verzögerungen).

ANMERKUNG: Wer mit Tabellenkalkulationsprogrammen vertraut ist? Damit kann man ganz gut arbeiten, hat die Daten gespeichert und kann auf die Daten immer wieder für Berechnungen am Bau zurückgreifen.

Jetzt haben Sie den größten Teil der Bestandsaufnahme schon fertig und können abschätzen wo die Problemzonen liegen.

Grundlage dafür ist der sogenannte Wärmedurchgangskoeffizient (auch U-Wert genannt). Er ist ein Maß dafür, wie gut eine Gebäudehülle oder ein Teil davon, z.B. eine Mauer, ein Fenster oder was auch immer, isoliert sind.
Ein hoher Wert ist „schlecht“, ein niedriger Wert ist „gut“.
Genau genommen, bestimmt dieser Wert die Wärmeleistung (Watt), welche pro m² (Außenfläche) bei „einem Grad“ Temperaturunterschied verloren geht.

Ein paar Beispiele (siehe auch z.B. RP-Energie-Lexikon):

  • Die berüchtigte, einschalige 24 cm, massive Ziegelwand kann einen U-Wert von z.B. 2,4 W/m²/°C (Watt/Quadratmeter/Grad Temperaturdifferenz) haben. Das ist verheerend schlecht.
  • Eine 50 cm Wand, ebenfalls einschalig, ggf. etwas poriger Ziegel (Verwendung häufig in alten Gebäuden) ist mit einem U-Wert von 1,25 schon deutlich besser, aber immer noch ein energetisches Massengrab.
  • Ein 36 cm Hochlochziegel ohne zusätzliche Dämmung kommt auf einen U-Wert von ca. 0,6. Mit einer zusätzlichen Dämmung von 5 cm halbiert sich dieser Wert schon fast. (das geht dann schon Richtung KfW100)
  • Spitze ist z.B. ein 49 cm Hochlochziegel mit einem Kalk-Gipsputz innen und einem Faser-Leichtputz außen von 0,16. Das reicht dann schon fast für ein Passivhaus.
  • und so weiter und so fort ….

Um den Energiebedarf eines Gebäudes zu bestimmen, müssten Sie Ihre zuvor aufgenommenen Flächen „einfach nur“ mit dem U-Wert für die jeweilige Fläche malnehmen und könnten, wenn Sie die Temperaturunterschiede über z.B. den Tagesverlauf und über die Jahreszeiten kennen, ausrechnen, wie viel der eingesetzten Jahres-Wärmeenergie durch die Gebäudehülle bzw. durch „Wärmeabtransport /Diffusion“ verloren geht.
Die Betonung liegt auf „einfach nur“ und ist ironisch gemeint. Der Weg dahin ist steinig und keinesfalls das Ziel, welches hier erreicht werden soll.
Es sollte Sie nicht überraschen, dass Sie das Ergebnis für Ihr Haus ohnehin schon lange kennen: Das ist eben Ihr Heizenergiebedarf, also z.B. die 3600 Liter Heizöl = 36.000 kWh.

ANMERKUNG: Das direkt oberhalb Gesagte soll Ihnen lediglich den rechnerischen Zusammenhang zwischen der Dämmwirkung der Gebäudehülle (oder Teilen davon) und dem tatsächlichen Energieverbrauch erklären.

Um Ihr Gebäude richtig einschätzen zu können oder die Schwachstellen zu finden, kann man sich das Leben sehr viel einfacher machen. Es reicht vollkommen aus, wenn Sie ein Gespür dafür entwickeln, wie die einzelnen Bauteile beschaffen sind, welchen mittleren U-Wert sie haben und diese dann mit den Gegebenheiten z.B. des sogenannten Referenzhaus KfW100
zu vergleichen.

Dazu ein paar Zahlen:
Ein KfW100 Haus (Sie erinnern sich, das entspricht 70 kWh/m²/Jahr) sollte für Außenwände einen U-Wert von 0,4 W/m²/°C haben. Das ist dann so etwas wie ein Mittelwert über alle Flächen.
Mauerwerk kann U-Werte zwischen 0,18 und 4,5 haben, Fenster 0,6 bis 6.
Wenn Sie also überschlagsmäßig eine Idee haben, wo Sie mit Ihrem Gebäude bzgl. mittlerem U-Wert sind, haben Sie auch eine Idee, wo Sie grob mit Ihrem Energieverbrauch herauskommen sollten. Bzw. wie Ihr Gebäude relativ zu einem KfW100 Haus einzuschätzen ist. Wenn Sie einen U-Wert von 1,2 ermitteln/schätzen, dann verbrauchen Sie auch dreimal so viel Energie /m² Wohnfläche wie das KfW100 Haus. Es ist dann auch leicht, sich überschlagsmäßig zu überlegen, was Sie durch die eine oder andere bauliche Maßnahme an Einsparungen erreichen können.

Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken. Die Spreu trennt sich bereits vom Weizen, wenn Sie überwiegend zu der Überzeugung gelangen, dass Sie wohl in einem einschaligen Gemäuer, ggf. zweischalig, aber massiv gemauert ohne zusätzliche Dämmung, wohnen.
Gehen Sie weiterhin davon aus, dass Sie bei einem geschätzten U-Wert deutlich unter 1, ohnehin an der Gebäudehülle / am Mauerwerk große Verbesserungen nur dann erzielen können, wenn Sie den Aufwand dafür nicht scheuen. Betriebswirtschaftlich wird sich das vermutlich nicht rechnen, so könnte man meinen. Aber dafür hätten Sie dann später den Berater.

Die Dachhaut nicht vergessen. Hier können häufig mit geringem Aufwand die größten Effekte erzielt werden.
Keine Dämmung der Dachhaut ist ein GAU (der „Größte-Anzunehmende-Unfug“, den man begehen kann), nur noch steigerbar durch Heizen des offenen Carports (das wäre dann der „Super-GAU“).
Mit einer einfachen Zwischensparrendämmung, selbst wenn diese nur 16 cm dick ist, kommen Sie schon in die Größenordnung eines U-Wertes von 0,3 – 0,5. Für Geschossdecken sind ähnlich gute Wert zu erzielen. Das wäre ein „schneller Gewinner“.
Eine zusätzliche und zudem sehr einfache Methode, das Dach zu beurteilen, liegt im „Beobachten“: Wenn es mal wieder Schnee gibt, stellen Sie sich vor ihr Haus und betrachten die Dachhaut (natürlich von allen Seiten) und vergleichen Sie sie mit jener Ihrer Nachbarn. Wenn Ihr Dach in „Null-Komma-Nix“ abtaut, dann haben Sie einen Punkt gefunden. Häufig kann man auch die Stellen erkennen, wo es besonders schnell taut. Dann bringen Sie dieses in Zusammenhang mit Ihrer Bestandaufnahme und Sie werden sehr schnell die Wirkungszusammenhänge erkennen.

Jetzt kommt noch der Blick auf Außentüren und Fenster. Ein U-Wert von 0,6 wird nur mit 3-fach Verglasung und speziellen Gasfüllungen geschafft (die Rahmen und Dichtungen werden hier erst einmal außer Acht gelassen). Eine übliche Doppelverglasung liegt so in der Größenordnung U = 1,1 bis 2. Bei einer Einfachverglasung, naja, sollte ein Wert von 5 nicht verwundern.
Ein „schneller Gewinner“ wäre z.B. von Einfach- auf Doppelverglasung umzustellen, wenn Ihre Außenwände auch so bei einem U-Wert von 0,8 bis 1 liegen. Eine Dreifachverglasung, auch wenn der Mehraufwand gar nicht so groß ist, wäre hier wohl eher nicht sinnvoll. Zumindest sollte man hier auch die Taupunktproblematik ins Visier nehmen. Die Dreifachverglasung macht überwiegend nur Sinn, wenn Sie sich auch die Wände vorknöpfen und den U-Wert in den Bereich 0,6 und kleiner drücken. Das ist dann aber definitiv mit vergleichsweise hohem Aufwand verbunden, macht aber ggf. den Unterschied zwischen „es amortisiert sich nicht“ (die rein betriebswirtschaftliche Betrachtung) und „einer echten Wohlfühlimmobilie“.

Wenn man bei dieser sehr groben Schätzung, z.B. auf einen U-Wert von 1,2 für die Gebäudehülle kommt, würde dieses in etwa bedeuten, dass man im Vergleich zum KfW100 Haus, den 3-fachen Energiebedarf hat (das hatten wir weiter oben schon mal). Das wären dann 210 kWh/m²/Jahr. Wir erinnern uns wieder an den Anfang, das sind dann wieder so ungefähr die 3600 l Heizöl / Jahr für das 200 m² Haus.

Das alles berücksichtigt zunächst nicht, wie dicht der Baukörper ist. Wenn jedoch der geschätzte, mittlere U-Wert so einigermaßen mit dem tatsächlichen Energieverbrauch zusammenpasst, dann darf man erst einmal davon ausgehen, dass vergleichsweise wenig Energie durch Undichtigkeiten oder andere Schwachstellen verloren geht.

ANMERKUNG: Das Ganze ist sehr stark vereinfacht dargestellt und damit gänzlich ungeeignet, tatsächlich so etwas wie eine Energieeffizienz zu berechnen. Aber für eine grobe Abschätzung reicht das allemal, um sich der Problemsituation bewusst zu werden.

Das wäre dann schon mal eine sehr wertvolle Information.
Weichen die beiden Werte stark voneinander ab, dann liegt noch ein anderes Problem zugrunde.

Einen letzten Punkt, den Sie auf jeden Fall betrachten sollten, ist die Suche nach Kältebrücken (technisch heißen die eigentlich Wärmebrücken, aber das ist Wortklauberei).
Diese zu finden, gibt es zwei Methoden:

  • Die Thermographie (also eine Wärmebild-Aufnahme). Dafür braucht es Gerätschaften und in der Regel jemanden der sie a) hat und b) sich damit auskennt, oder
  • die Bestandsaufnahme. Denken Sie einfach nach:
    Gibt es z.B. Beton-Zimmerdecken, welche ggf. bis direkt an die Außenluft reichen (Beton ist ein guter Wärmeleiter),
    gibt es Stahlträger (z.B. um einen Balkon zu stützen) die von außen in das Gebäude hineinreichen,
    gibt es in den Räumen irgendwelche Stellen (Zimmerecken), die immer wieder Schimmel ansetzen, sich feucht anfühlen,
  • Feuchte Wände, insbesondere im Fußbodenbereich im Erdgeschoß, oder im Keller, sind immer ein Alarmsignal. Wenn Sie diese vorfinden, müssen Sie unbedingt klären, ob die Feuchtigkeit z.B. aus dem Erdreich über die Fundamente nach oben steigt oder es sich um Kondenswasser (wie oben schon besprochen) handelt. Wenn ersteres der Fall ist, kommt zum Thema Kältebrücke noch ein weiteres, sehr ernstes Thema auf Sie zu, das ggf. alle Anstrengungen oben „zunichte“ machen würde. Stichworte sind Hangwasser, Staunässe, Vorwand-Drainage, Horizontalabsperrung, etc.. In diesem Fall ist vorrangig, dieses Problem zu lösen. Alles andere ist „Pfusch“.
    An dieser Stelle werden Sie ohne fachgerechte Hilfe nicht weiterkommen.

Erst dann geht es an die Beseitigung der Kältebrücken und aller anderen Sanierungsmaßnamen.

In unserem Haus können Sie ein Beispiel sehen, was erreicht werden kann.
Wir haben unser Haus in der Münchener Str., ein Altbau (älter als 100 Jahre) 1994 bezogen und 2004 gekauft. 50 cm massive Außenmauern (das ist eine Art poröser Lehmziegel), praktisch nicht vorhandene Dämmung und undichte Türen und Fenstern), mit einer „unterirdischen“ Energieeffizienz von ca. 400 kWh/m²/Jahr, übernommen.
Betriebswirtschaftlich betrachtet wäre jeder andere wahrscheinlich mit einer „Abrissbirne“ an das Objekt heran gegangen.
Wir haben anders entschieden und eine Kernsanierung durchgeführt.
Was stehen geblieben ist, sind die Außenwände. Alles andere wurde angefasst:

Anmerkung: Wir haben kein Problem mit Bodenfeuchtigkeit vorgefunden. Die Münchner Str. schirmt uns ab vom Hangwasser des Hölgenäcker und, da wir quasi auf der Böschung des Urstromtals der Windach wohnen, liegt der Grundwasserspiegel unterhalb des Fundamentsockel. Glück gehabt …

  • Vollwärmeschutz (140 mm Mineralwolle)
  • Fenster und Türen mit Dreifachverglasung putzbündig verbaut
  • Mindestens 20 cm Zwischensparrendämmung in sämtlichen Dachanteilen
  • Heizung ist eine eng verlegte Fußbodenheizung überall (das senkt die Vorlauftemperatur), nachdem die Böden zum Erdreich hin mit 130 mm Dämmung versehen wurden (nicht komprimierbare Hartschaumplatten).
  • Heizung ist eine elektrisch betriebene Wärmepumpe mit Tiefensonde als quasi unerschöpfliche Erdwärme-Energiequelle.
  • (fast) überall LED-Beleuchtung

Das Ergebnis ist eine Energieeffizienz von annähernd 40 kWh/m²/Jahr. Sollte noch eine Photovoltaikanlage dazukommen, sind wir fast schon im Bereich CO2-Neutral.

Wir haben unser Ziel, „Eigentum mit minimalen Nebenkosten“, vollständig erreicht und können damit unserem Rentnerdasein relativ beruhigt entgegensehen.

Der Aufwand war sicher nicht geringer als für einen Neubau, aber das Raumklima in unserem Haus ist, dank der massiven Wände, einfach nur toll und mit einem Neubau nicht so leicht zu realisieren: Im Winter lässt es sich mit relativ geringem Aufwand heizen (Stoßlüften ist bei den Außenwänden absolut ausreichend / nach wenigen Minuten ist die Raumluft wieder wohlig warm) und im Sommer steigt die Temperatur im Haus, in der Spitze, nicht über 25°C, auch dann nicht, wenn es draußen 40 °C und mehr sind; … nicht im Erdgeschoss und nicht unterm Dach.

Wir freuen uns jeden Tag, so entschieden zu haben.

Ob dieses für Sie auch der richtige Weg ist oder nicht, müssen Sie ganz alleine entscheiden. Alle Berater können nur Entscheidungshilfen geben.
Die Kosten liegen ohne Wenn und Aber bei Ihnen.
Die Gewinne / Vorteile aber auch.
Diesen Investitionskosten für „die energetische Renovierung“ stehen

  • die Wertsteigerung Ihres Hauses/Wohneinheit (Sie schaffen einen Wert „an sich“),
  • und /oder die gesenkten Nebenkosten (auch für Zeiten, wo vielleicht der Gürtel einmal enger geschnallt werden muss)
  • und der nicht zu unterschätzende Wohlfühlfaktor durch das neu geschaffene Raumklima

deutlich gegenüber.

5. ENERGIEQUELLE NR. 2 – VORHANDENE ENERGIEQUELLEN EFFIZIENT NUTZEN

Worum geht es in diesem Abschnitt? Hier wird zunächst der Zusammenhang zwischen Klimawandel und dem Heizen erklärt. Im Weiteren werden die Begrifflichkeiten der Heiztechnik und die wesentlichen Heizsysteme beschrieben.

Bisher haben wir „nur“ vom Energiesparen gesprochen. Wenden wir uns jetzt den Quellen zu. Physikalisch ist es so, dass es eigentlich keine Energiequellen gibt, zumindest keine, die wir kennen. Man kann nur die eine Energieform in eine andere umwandeln. Sei es die chemisch gespeicherte Energie im Öl, Gas, Holz oder Kohle, die elektrisch gespeicherte Energie in Batterien oder Akkus, potentielle Energie in Speicherseen, Bewegungsenergie in Schwungrädern und so weiter und so fort, bis hin zu Albert Einsteins Weltenformel E=m*c², die nichts anderes besagt, als dass Masse / Materie so etwas wie „geronnene“ Energie ist. – Dies glauben Sie nicht? – Die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki sind der grausige Beleg, dass Einstein voll in Schwarze getroffen hat. Doch das gehört hier nicht her.

Wenn wir in unserem Zusammenhang von Energiequellen reden, dann meinen wir in der Regel die Stelle, wo es warm wird. Und das meint die Heizung.

Gestatten Sie mir einen kleinen Abschnitt zur Motivation:

Um die Ursachen des Klimawandels wirklich zu verstehen, muss man sich eigentlich nur eine einzige Tatsache klar machen.
Wenn wir die Brennstoffe verfeuern, „fossile“ oder „nachwachsende“, machen wir nichts anderes, als die vor Monaten, Jahrzehnten, Zehntausenden, Hundertausenden, oder Millionen von Jahren in Kohlenwasserstoffen (nichts anderes sind z.B. die Herren Kohle, Öl und Gas) konservierte Sonnenenergie, in die Jetzt-Zeit zu katapultieren.
Bis auf sehr wenige Ausnahmen, basiert alles, was wir als Energiequelle bezeichnen würden, im Ursprung auf der Sonnenenergie.
Bei den nachwachsenden Brennstoffen funktioniert dieses ein Stück weit, die gespeicherte Energie durch Verbrennung frei zu setzten, ohne große Schäden anzurichten. Da wird weitgehend nichts anderes gemacht, als räumlich umzuschichten, sozusagen mit einem kleinen Dispo-Kredit (mit ein paar Monaten oder Jahrzehnten Laufzeit) bei Mutter Natur. Der Energiespeicher an Ort „A“ wird nach „B“ transportiert und dort gezwungen die in ihm gespeicherte chemischen Energie wieder abzugeben. Das ist so ein bisschen wie „Linke Tasche – Rechte Tasche“, da ganzheitlich betrachtet, die Menge der Energie (die Menge CO2) im Öko-System gleich bleibt, wenn sie im selben Maße „nachwachsen“ kann, wie sie „verbraucht“ wird.

Bei den fossilen Brennstoffen oder dem Abholzen der Wälder, ohne dass diese nachwachsen können, sieht das ganz anders aus. Hier geht es glasklar ans Tafelsilber, das Goldsparbuch. In nur 200 Jahren, einem erd-zeitgeschichtlichen Wimpernschlag, verprassen wir z.B. die in Pflanzenresten gespeicherte (Kohle-)Energie aus ca. 60.000.000 Jahren (in Worten: Sechzig Millionen), die satte 300 Millionen Jahre unter der Erde darauf gewartet haben, dass „gerade wir“ sie jetzt in Rauch aufgehen lassen. Nur ein paar Generationen Menschheit verzockt in wenigen Jahren einen Schatz, der eigentlich allen Menschen (Lebewesen), über alle Generationen hinweg gehört.
Von Öl und Gas haben wir da noch gar nicht gesprochen. Über alle anderen Folgen, z.B. den CO2-Ausstoß und dessen Auswirkungen, auch nicht. Und das ist bei Leibe kein „Linke Tasche – Rechte Tasche“ Spiel.
Wer glaubt, dass das auf Dauer ohne Folgen bleibt, der sollte … (an dieser Stelle hat die Selbstzensur gegriffen. Denn würde hier stehen was dort stehen müsste, hätte ich die Betroffenen in eine sehr finstere Ecke stellen müssen, denn mit Logik ist ihnen nicht mehr beizukommen).

Nach dieser kleinen „Motivationsspritze“ sollte klar sein worum es geht: Wir müssen „heizen“, aber wir sollten uns nicht „verheizen“ (nehmen Sie gerne den doppelten Wortsinn dahinter; beides passt).

Das können Sie jetzt wieder ökologisch, betriebswirtschaftlich, oder, was am Wichtigsten ist, volkswirtschaftlich sehen. Es geht darum, die vorhandene / benötigte Energie möglichst effizient zu nutzen, um die negativen Folgen für eine der oder alle drei Sichtweisen zu minimieren. Geradezu perfekt wäre es, wenn wir dafür das „Goldsparbuch“ nicht antasten müssten und nur mit dem Dispo hantieren oder sogar ohne Kredit auskommen könnten. (Letzteres wird Gegenstand des Teil Energiequelle Nr. 3 sein …)
Geht nicht, gibt’s nicht.

Kommen wir zurück zum Heizen, zu unserem Wohnbestand und der Frage, wo sind die Schwachstellen. In vielen Fällen erübrigt sich diese Frage, da das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ohnehin 2021 für viele Heizungen das AUS bedeuten wird.
Aber es ist eben wie immer, der Zwang führt meist nur zu Widerständen und in der Folge zu Minimallösungen und nicht automatisch zu der sinnvollsten Lösung (egal welcher Betrachtungsweise Sie folgen wollen).

Sollten Sie über das GEG in die Not geraten, also gezwungen werden, die Heizung zu erneuern, machen Sie sich frei vom Ärger und machen eine Tugend daraus, es lohnt sich.
Es wird sich aber auch ohne Not lohnen, über den Bestand der Heizungsanlage nachzudenken.

ANMERKUNG: Letztlich folgt das GEG auch nur der oben beschriebenen Logik, nur dass die Macher sich nicht wirklich die Mühe machen, dies den Betroffenen zu erklären. Das wird dann einfach bei den Kaminkehrern abgeladen, die dann, vollkommen zu Unrecht, die „Ladung“ abbekommen, wenn sie den Bescheid aussprechen.

Eine 30 Jahre alte Öl-Brenner-Heizung (ein „Gelbbrenner“) kann nicht das, was ein „Blaubrenner“ kann oder eine Brennwerttherme. Ein Verbrenner kann nicht, was die Wärme-Kraft-Kopplung (Stichwort: Blockheizkraftwerk) vermag. Und diese kann nicht, was eine Wärmepumpe kann.

ANMERKUNG: Die Unterschiede werden weiter unten erklärt.
Am besten nähert man sich dem Thema wieder von der betriebswirtschaftlichen Seite.

Ein Liter Heizöl kostet aktuell (Stand Jan. 2021) ca. 64 €-Cent/Liter (incl. MwSt). Der Gaspreis liegt bei ca. 65 €-Cent/m³. Der Strompreis liegt bei 31 €-Cent / kWh. D.h. wenn Sie elektrisch heizen, kostet Sie das ca. 5-mal mehr, als wenn Sie mit Öl oder Gas heizen (erinnern Sie sich 1 Liter Öl hat ca. 10kWh Energieinhalt, 1 m³ Gas ähnlich). Anders ausgedrückt, Energie in Form von Strom ist sehr viel wertvoller/teurer als dieselbe Heizenergie aus Öl oder Gas. Das gilt auch für andere Brennstoffe.

Nehmen wir an, Ihre 30 Jahre alte Heizung (ein Gelbbrenner) verbrennt im Jahr 3.000 Liter Heizöl (gleich 30.000 kWh) und mit einer neuen Heizung sind sie um 20% – 30% effizienter, dann sind das 600 – 900 Liter Öl/Jahr, die sie weniger verfeuern (ca. 380,- bis 570 €/Jahr Einsparung). Da ist schnell errechnet, wann Sie mit einem neuen Gerät in die Gewinnzone fahren.
Die Wärme-Kraft-Kopplung hat den Charme, dass Sie mit dem „billigen“ Heizöl oder Gas, wertvollen Strom erzeugen. Wenn Sie also nur Ihren eigenen Strombedarf (sagen wir 4.000 kWh/Jahr) erzeugen, haben sie 1.200,- € weniger Stromkosten. Heizen tun Sie so ganz nebenbei.
Spitzenreiter der Wärme-Kraft-Kopplung wäre sicher die Brennstoffzelle. Hier bekommen Sie, mit einem Wirkungsgrad von ca. 50%, den mit Abstand größten Stromertrag, haben aber auch die größten Investitionen (zumindest heute noch).
In beiden Fällen stellt sich die Frage, wie man Stromerzeugung und Heizenergiebedarf unter einen Hut bekommt.
Zu guter Letzt die Wärmepumpe. Bei ihr ist mit einem Energieeinsatz von z.B. 7.500 kWh eine Heizleistung von 30.000 kWh zu erreichen. Auf das Öl bezogen, würde das den Verbrauch von 3.000 auf 750 Liter/Jahr senken.

Denken Sie die Geschichte mit dem vorherigen Thema der Energieeinsparung zu Ende. Dann werden aus 4.000 Litern Öl, auch mit überschaubaren Investitionen, ganz schnell nur noch 2.000 Liter, oder noch (ggf. viel) weniger.

ANMERKUNG: Das ist alles sehr, sehr verkürzt dargestellt und dient lediglich dazu, Ihnen das Energieeinsparpotential klar zu machen.
Bis auf den ersten Fall, stecken dahinter natürlich deutliche Investitionen. Im Falle der Wärmepumpe sind die 750 kWh, zudem meistens mit dem teuren elektrischen Strom aufzubringen (was einen großen Teil des betriebswirtschaftlichen Vorteils wieder zunichte macht, es sei denn, Sie haben eine eigene Stromquelle.

Am Ende müssen Sie natürlich immer die Gesamtschau im Blick haben. Die vermeintlich größten Investitionen haben meistens aber auch die größten staatlichen Förderungen hinter sich stehen, so dass die scheinbar „schnellen Gewinner“ nicht immer als erste durch das Ziel gehen.
Sich in diesem Dickicht aus Technologien, Investitionen, Erträgen und Förderungen zurecht zu finden, ist für die allermeisten von uns (mich eingeschlossen) nicht möglich. Die Geschwindigkeit mit der sich diese Regeln ändern, ist so atemberaubend, dass heute Gelerntes – vermutlich – im nächsten halben Jahr schon wieder „kalter Kaffee“ ist.
Aber der zuvor schon einmal erwähnte Energieberater (der auch noch gefördert wird) kann das (zumindest sollte er das können).
Damit Sie ihm nicht vollständig ausgeliefert sind, werden hier kurz die wesentlichen Begrifflichkeiten und Merkmale der Heiztechniken erklärt.

5.1. HEIZWERT & BRENNWERT

Fangen wir an mit dem „Heizwert“ und dem „Brennwert“. Ist doch dasselbe werden Sie sagen, warum sollte mich das interessieren.  Aber es ist nicht dasselbe:

  • Der „Heizwert“ gibt an, wie viel Energie in einem Brennstoff steckt, den ich zum Heizen
    – zumindest theoretisch – „nutzen“ kann. Das wären dann 100%.
    Wenn der Kaminkehrer z.B. ihren Ölbrenner einmal im Jahr vermisst, kommen da irgendwelche Effizienz-Werte so um die 92% oder 95% heraus (die Kaminkehrer unter uns werden es besser wissen) und dann ist Ihre Heizung OK. Da werden Sie sagen: „Klasse, was will ich mehr“.
    Der Wert verschleiert jedoch, dass in dem Brennstoff noch ein Energieanteil steckt den man vordergründig „nicht“ zum Heizen nutzen kann.
  • Und dann sind wir schon beim“ Brennwert“. Dieser bestimmt wort-wörtlich die „gesamte“ Energie, welche bei der „Verbrennung“ freigesetzt wird. Nutzbare und „nicht“ nutzbare Energie.
    Stellt sich die Frage, was soll denn dieser „nicht nutzbare“ Energie-Anteil sein?
    Denken wir zurück an die Taupunktgeschichte:
    • Luft kann in gewissem Maße Feuchtigkeit speichern. Diese Feuchtigkeit ist nicht sichtbar.
      Erst wenn die relative Luftfeuchtigkeit die Sättigungsgrenze erreicht hat, wird die überschüssige Feuchtigkeit als z.B. Nebeltropfen, oder Kondenswasser sichtbar.
      Denken Sie an die Kondensstreifen der hoch fliegenden Passagierflugzeuge. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie, dass unmittelbar hinter den Triebwerken nichts zu sehen ist (hier ist die Abgastemperatur weit, weit über 100°C). Erst mit einem gewissen Abstand (der Abgasstrahl ist soweit abgekühlt, dass die Taupunkttemperatur erreicht wird) bilden sich dahinter die sichtbaren Kondensstreifen.
    • Bzgl. des Brennwertes liegt der Knackpunkt darin, dass der Wechsel des Wassers von der Flüssigkeit zum Gas, Energie verbraucht (oder speichert, wie auch immer man dies sehen will), ohne dass dabei die Temperatur des verbleibenden Wassers steigt.
      Jeder kennt das vom Kochtopf. Solange im Topf noch Wasser ist wird das Wasser / der Topf nicht heißer als 100°C. Da können Sie die Herdplatte noch so hoch drehen, Energie zuführen.
      Will sagen, wenn die Energie nicht die Wassertemperatur erhöhen kann, muss sie im „vergasten“ Wasser gespeichert sein.
      In einer klassischen Heizung, egal ob Kamin, Kachelofen, Ölbrenner, etc. kann diese Energie dem Rauchgas nicht entzogen werden, da die Rauchgase den Schornstein verlassen haben müssen „bevor“ das darin enthaltene Wasser auskondensieren kann.
      Ist es anders, sprich man vom „versotten“ des Schornsteins. Der Vergleich mit dem Flieger ist gar nicht so schlecht: Der „Kondensstreifen“ der Rauchgase bildet sich schon im und nicht außerhalb des Kamins.
      Da diese Regel seit Anbeginn des Heizens in geschlossenen Räumen gilt, ist logisch warum der Kaminkehrer den „Heizwert“ und nicht den „Brennwert“ zugrunde legt.
    • Der letzte Punkt in diesem Zusammenhang ist die Frage, woher das Wasser in den Rauchgasen eigentlich kommt? Drei Hauptquellen sind zu betrachten:
      1. Die Ansaugluft enthält Wasser (Stichwort relative Luftfeuchtigkeit)
      2. Der Brennstoff enthält ggf. Wasser in Form von Restfeuchtigkeit (z.B. in schlecht getrocknetem Holz oder feucht gewordene Kohle)
      3. Sind die Brennstoffe allesamt Kohlen“Wasser“Stoffe.
        B. Methan. Hauptbestandteil des Erdgases (chemische Formel CH4), hat 1 Teil Kohlenstoff (C) und 4 Teile Wasserstoff (H4). Bei der Verbrennung wird Sauerstoff (O2) zugeführt und es entsteht Kohlendioxyd (CO2) und Wasser (H2O).

ANMERKUNG: Das Kohlendioxid ist wasserlöslich und bildet dann die allen bekannte „Kohlensäure“ im z.B. Bierschaum oder dem prickelnden Mineralwasser oder der Limonade. Leider (oder zum Glück) wird CO2 auch im Meerwasser gelöst (und damit der Atmosphäre entzogen) und sorgt so für die immer wieder angesprochene „Übersäuerung der Meere“, entlastet aber auch die Atmosphäre vom Treibhausgas CO2.
Jenseits der Anmerkung wird klar, dass der größte Anteil im Rauchgas einfach nur verdampftes Wasser ist.

… und dieses gasförmige Wasser nimmt die sprichwörtlich „nicht nutzbare“ Energie mit sich in die große weite Welt.
Im Fachchinesisch ist das die „latente“ Energie. Wir kommen weiter unten wieder darauf zurück.

5.2. GELBBRENNER & BLAUBRENNER
  • Der Gelbbrenner ist ein Ölbrenner der älteren Bauart. Hier wird das Öl mit einem Gebläse zu feinen Tröpfchen zerstäubt, um ein gutes Brennstoff-Luft-Gemisch zu erzeugen, und dann gezündet / verbrannt. Da die Öl-Tropfen dabei mehr oder weniger von außen nach innen verbrennen (je kleiner die Tröpfchen sind umso schneller geht das) geschieht das bei einer relativ geringen Temperatur mit einem „gelben“ Feuerschein. Daher der Name „Gelbbrenner“.
    Geschieht diese Verbrennung zu langsam, z.B. weil die „Einspritzdüse“ verschlissen ist (keine perfekte Zerstäubung des Öls) oder die Brennkammer ist verdreckt (keine richtiger Wärmeübergang auf den Heizkreislauf) nimmt der Wirkungsgrad des Brenners deutlich ab (unter anderem genau das misst der Kaminkehrer).
  • Der Blaubrenner: Ist eine Ölheizung modernerer Bauart, bei dem ein Teil der heißen Rauchgase der kalten Zuluft beigemischt werden und zwar genau so viel, dass die Öl Tröpfchen vor der Zündung verdampft werden (sehr ähnlich dem Vorgang beim Verdampfen des Wassers). Dadurch erreicht man eine perfekte Vermischung von Brennstoff und Luftsauerstoff, welche nicht, wie die Tröpfchen des Gelbbrenners „langsam abbrennen“, sondern schlagartig all seine Energie abgibt. Dieses geschieht mit einer deutlich höheren Temperatur und führt zu den charakteristischen „blauen“ Feuerschein und gibt ihm damit seinen Namen.
    Durch die weitgehend perfekte Verbrennung ist neben dem besseren Wirkungsgrad, vor allem die deutlich bessere Bilanz bzgl. z.B. Kohlenmonoxid und Rußbildung zu erwähnen.
5.3. BRENNWERTTECHNIK

Jetzt kommen wir zu dem Punkt wo der Brennwert zum Tragen kommt: bei der Brennwerttechnologie.
Hier wird dem Rauchgas die oben schon erklärte „nicht nutzbare“ (latente) Energie entzogen und dem Heizprozess zugeführt. Die Konsequenz ist Ihnen umgehend klar: aus dem Kamin kommt fast kein Wasser mehr. Geringfügig als Gas (Stichwort: relative Luftfeuchtigkeit) und gar kein Wasserdampf.
Es bildet sich Kondenswasser bereits im Brenner, wird dort gesammelt und geht direkt (oder nach Reinigung) in das Abwasser.
Als Profit ist z.B. beim Erdgas eine Verbesserung des Wirkungsgrades auf 111% möglich (Im Vergleich mit den 92 bis 95% des konventionellen Brenners, sind das schon mal 16 bis 19%).

ANMERKUNG: 111% mögen Sie sich fragen, wie kann das denn sein. Erinnern Sie sich an den Unterschied zwischen Heizwert und Brennwert. Die Bezugsgröße ist immer der niedrigere Heizwert.

Darüber hinaus können die Rauchgase soweit abgekühlt werden, wie es der Vorlauftemperatur Ihrer Heizung entspricht.
h. bei einem konventionellen Brenner älterer Bauart geht das Rauchgas mit, sagen wir mal 170°C in den Kamin, damit es oben noch 120°C hat, um die Versottung zu verhindern. Bei der Brennwertanlage werden die Abgase nur noch mit 60 oder 70°C (oder noch weniger) in den Kamin entlassen. Das ist ein Temperaturunterschied von 100°C und mehr. Es ist unmittelbar klar, dass auch diese Energie plötzlich genutzt werden kann.

ANMERKUNG: Auch hier stecken wieder jedem Menge Vereinfachungen drin, aber um das Prinzip dahinter zu verstehen, reicht das allemal.

Bei einer Brennwertheizung mit Ölfeuerung können z.B. „nur“ 106% Wirkungsgrad erreicht werden. Das liegt an dem geringeren Wasseranteil im Rauchgas, was wiederum in der Chemie des Öles begründet liegt.
Dies hier zu erklären, würde den Rahmen klar sprengen.
Wir haben selber einen Fall umgesetzt, bei dem die Heizkosten, nach dem Tausch eines alten Gasbrenners mit externer Brauchwasserbereitung gegen eine neue, kompakte Gas-Brennwerttherme, um satte 35% runter gegangen sind.
Da kam natürlich einiges zusammen:

  • das Alter der Anlage,
  • zwei Feuerstellen gegen eine
  • und der Umstieg auf Brennwerttechnologie.

Aber was damit gesagt werden soll ist: das ist ein „schneller Gewinner“, egal in welchem Zustand sich ihr Gebäude befindet.
Grundsätzlich gibt es Brennwertlösungen für fast jede Heiztechnik, aber die zu erzielenden Vorteile sind nicht für alle gleich. Auch hier braucht es den Fachmann.

5.4. KRAFTWÄRMEKOPPLUNG
  • Die Wärmekraftkopplung oder Kraftwärmekopplung (wie rum auch immer, es meint dasselbe). Hier geht es darum, mit dem Brennstoff zunächst wertvollen Strom zu erzeugen und die Abwärme dann zum Heizen zu verwenden.
    Das kann z.B. ein „stinknormaler“ Stromgenerator sein, bei dem der Kühlkreislauf an die Heizkreise angeschlossen ist. Das nennt man dann ein „Block-Heiz-Kraft-Werk“ (BHKW).
    Das funktioniert mit praktisch allen Brennstoffen und aus z.B. 10 kWh Energieinhalt im Brennstoff können Sie so zwischen 2,5 und 4 kWh elektrischen Strom erzeugen.
  • Spitzenreiter ist die Brennstoffzelle. Hier können Sie aus 10 kWh Heizwert, bis zu 5 kWh elektrischen Energie herausholen (das ist Stand der Technik).
    Diese fallen auch unter den Oberbegriff BHKW, sind aber keine Generatoren im klassischen Sinne, da es hier weder Motor noch Stromgeneratoren mit beweglichen Teilen gibt. Hier wird aus Wasserstoff, direkt über einen elektrochemischen Prozess, Strom erzeugt.
    Wer den Begriff „Elektrolyse“ schon mal gehört hat (hier wird über die Zufuhr von Strom Wasser (H2O) in seine chemischen Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) zerlegt), muss sich diesen Prozess nur umgekehrt vorstellen und schon kennen Sie das Grundprinzip der Brennstoffzelle.
    Das Ganze funktioniert aber nur und ausschließlich mit Wasserstoff, – nicht mit Kohlenstoff. Reiner Wasserstoff ist aber bei weitem nicht überall verfügbar und steht hinlänglich in einem schlechten Ruf was seine Speicher- / Lagerfähigkeit angeht. – Sehr zu Unrecht.
    In der Zwischenzeit hat sich an dieser Front sehr viel getan und das „Problem“ der Wasserstoffspeicher wird heute als „technisch gelöst“ betrachtet (Stichworte sind: Druckspeicher, Flüssiggasspeicher und Metallhydridspeicher).
    Wie auch immer, der Wasserstoff als Energieträger, ist alles andere als die Superinnovation.
    Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Kokereien aus Kohle Koks gewonnen. Koks ist chemisch betrachtet ein sehr reiner Kohlenstoff und hat die Holzkohle in den Eisenhütten abgelöst.

ANMERKUNG: neben seiner Eigenschaft als Energiequelle wird der Kohlenstoff vor allem benötigt, um dem Eisenerz (was nichts anderes als Rost ist) in einem Hochofen den Sauerstoff zu entziehen. Das Ergebnis ist Roheisen.

Erzeugt wird Koks in der sogenannten „Pyrolyse“, bei der unter weitgehendem Luftabschluss, unter großer Hitze, der Kohle alle Bestandteile, außer eben des Kohlenstoffs selber, „ausgetrieben“ werden. Diese als Gas ausgetriebenen Bestandteile sind unter dem Begriff „Koksgas“, „Kohlegas“ oder auch „Stadtgas“ Damit wurden vor 200 Jahren bereits Straßenlaternen und Heizungen in den Stadtwohnungen betrieben (daher der Name Stadtgas). Und dieses Gas besteht zu über 50% aus Wasserstoff. Wohlgemerkt, das Ganze ist 200 Jahre her und hat funktioniert, bis die Elektrizität Einzug gehalten hat.

  • Bzgl.der Brennstoffzelle gibt es jedoch auch noch einen Plan B / eine Alternative. Weiter oben haben Sie gelernt, das Methan (CH4) zum größten Teil ebenfalls aus Wasserstoff besteht. Und diesen Umstand kann man sich in der Brennstoffzelle zu Nutze machen. Es gibt am Markt Brennstoffzellengeräte, die Methan (Erdgas ist überwiegend nichts anderes) in seine Bestandteile zerlegen und mit dem Wasserstoff den elektrischen Strom erzeugen.Der Kohlenstoff ist gleichsam nur das Vehikel, mit dem der Wasserstoff transportiert wird. Und das tolle ist, für diesen Energieträger (Methan als Erdgas oder „grün“ erzeugt) ist die vollständige Infrastruktur vorhanden, auch hier in Windach.
    Auf das Thema Wasserstoff als Energieträger wird später im Teil Energiequelle 3, wegen seiner überragenden Bedeutung für Klimawende, noch eingegangen.
  • Hier befinden wir uns noch beim Thema Kraft-Wärme-Kopplung.
    Das gemeinsame Problem aller BHKW’s ist (egal ob Generator oder Brennstoffzelle):
    – dass nicht immer, wenn ich heizen muss, auch Strom benötigt wird
    – und nicht immer, wenn ich Strom benötige, muss man auch heizen.
    Dieses elende „Sommer / Winter Dilemma“ wird uns solange erhalten bleiben, bis die Stromproduktion mit so wenig „Abwärmeverlusten“ verbunden ist, dass auch das Heizen elektrisch erfolgen kann. Gewagter Gedanke mögen Sie denken … vielleicht, aber wir kommen ebenfalls im Teil Energiequelle 3 noch einmal darauf zurück.
  • Bis dahin muss man sich entscheiden, welchen Weg man gehen will. Ohne Zweifel ist das BHKW die beste konventionelle Methode, effizient mit den vorhandenen Energieträgern umzugehen. Die Anlagenkosten sind extrem unterschiedlich (die Fördermöglichkeiten auch), je nachdem für welche Variante Sie sich entscheiden. Letztlich wird aber vermutlich Ihr Heizenergiebedarf der bestimmende Faktor für die Wirtschaftlichkeit sein.
    Sich am Strombedarf auszurichten bedeutet, z.B. für ein KfW100 Haus, im Winter zu wenig Heizenergie zu haben. Bei einem energieeffizienten Haus könnte die Rechnung zumindest im Winter aufgehen. Im Sommer müssten sie die Abwärme irgendwohin weg kühlen. Ökologisch unsinnig, aber betriebswirtschaftlich ggf. nicht, wenn man an die hohen Strompreise denkt.
    Sich an der Heizleistung zu orientieren, ist die andere Variante. Ökologisch zumindest effizient, aber den vielen elektrischen Strom, den Sie im Winter produzieren, können Sie bei einem KfW100 Haus nicht verbrauchen. Und die Einspeisevergütung für den überschüssigen Strom ist wohl eher als rührend zu bezeichnen und stellt ganz sicher keinen wirtschaftlichen Anreiz dar. Und im Sommer, da benötigen Sie dann eben wieder den „Strom aus der Steckdose“, wie auch immer er dort hineinkommt.

ANMERKUNG: Wir sprechen in diesem Zusammenahn etwas einseitig nur über das Thema Heizen. Aber das BHKW / die Brennstoffzelle ist natürlich in erster Linie ein Stromlieferant, da hier die wirtschaftlich größten Vorteile liegen. Somit bleibt diese Technologie immer ein Thema, egal wie geheizt wird, da „dezentrale“ Stromgewinnung wohl auf sehr lange Sicht ein „zentraler“ Bestandteil der Energiewende sein wird.Die Brennstoffzelle wird dabei ohne jeden Zweifel die Oberhand gewinnen, da sie den größten Wirkungsgrad bei der Umsetzung von Primärenergie (Wasserstoff oder Methan) in elektrischen Strom hat und darüber hinaus allen anderen, oben genannten, Quellen haushoch überlegen ist, was die Schonung der Umwelt angeht. Die Brennstoffzelle, betrieben mit reinem Wasserstoff, hat praktisch keinerlei schädliche Emissionen,
kein CO2
kein Ruß
kein Feinstaub
keine Stickoxyde (NOx)
nur Wasser
Wird sie mit Methan betrieben sieht es ein wenig anders aus bei der CO2-Bilanz, alles andere ist vergleichbar. Wird das Methan „grün“ erzeugt stimmt auch die CO2-Bilanz.
Wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen würden, hätte ich folgendes zu sagen: „Auch wenn wir im Moment eine von der Not getriebene Zwischenphase der Elektrifizierung mit Batterie-Technologien haben. Wer auf Wasserstoff setzt, liegt richtig, da daran mittel- und langfristig überhaupt kein Weg vorbeiführt.“

5.5. WÄRMEPUMPEN
  • Kommen wir zum letzten Punkt, der Wärmepumpe. Im Gegensatz zu den oben genannten Technologien, würde ich diese als „unkonventionell“ bezeichnen, da hier nicht einfach eine Energieform in eine andere (oder ggf. mehrere andere Energieformen) verwandelt wird.
    Mit der Wärmepumpe wird Primärenergie (meistens Strom, seltenes Gas, etc.) eingesetzt, um damit einer anderen Energiequelle zusätzlich Energie zu entziehen. Die Gesamtenergie, die ich damit einem Heizsystem (einer Heizung) zur Verfügung stellen kann, ist die Summe aus der eingesetzten Primärenergie plus der Entzugsenergie aus der ominösen anderen Energiequelle.
  • Technisch ist das Prinzip dahinter das gleiche wie bei einem Kühlschrank, wie ihn wohl jeder im Haushalt hat. Eine „Wärme-Pumpe“ entzieht dem Inneren des Kühlschrank Energie (kühlt diesen damit herunter) und gibt diese Energie auf der Rückseite an dessen Kühlschlangen wieder ab. Da sich im Zusammenhang mit dem Kühlschrank normalerweise jeder nur für das kühle Bier oder den Grünen-Veltliner im Inneren des Kühlschranks interessiert, bemerkt keiner, dass die Energie an der Kühlschlange mehr ist, als die Energie aus dem Inneren. Da ist auch noch die Pumpenenergie mit dabei.
    Jetzt stellen Sie sich einfach vor, dass Innere des Kühlschranks ist gar nicht innen, sondern draußen; und die Heizschlange gibt die Energie gar nicht nach außen an die Umgebung ab (zumindest aus der Kühlschrankperspektive), sondern in das Innere eines Gebäudes, dann haben Sie das Prinzip der Wärmepumpe als Heizung schon verstanden.
    Letztlich haben Sie nur Ihr Augenmerk vom Bier auf die Heizschlange verlagert. Die Wirkungsweise beider Anwendungen ist vollkommen gleich.
  • Der Ursprung der Primärenergie zum Betrieb der Wärmepumpe ist schon geklärt.
    Die „ominöse andere Energiequelle“ aber noch nicht. Sie kann viele Namen haben, z.B.:
    – die Umgebungsluft,
    – die Erdwärme,
    – das Grundwasser,
    sind die gängigsten Typen.
    Wärmepumpen, die sich der Umgebungsluft als Energiequelle bedienen heißen Luft-Wasser Wärmepumpen. Jene, die sich dem Grundwasser als Energielieferanten bedienen heißen Wasser-Wasser Wärmepumpen und jene, die dem Erdreich die Energie entziehen heißen Sole-Wasser Wärmepumpen. Bei Letzterer gibt es zwei unterschiedliche Variationen, jene mit „Flächenkollektoren“ und jene mit „Tiefensonden“.

ANMERKUNG: die Namensgebung, z.B. “Luft-Wasser“ Wärmepumpe rührt daher, dass das Medium, dem die Energie entzogen wird, hier die Umgebungsluft Analog bei den anderen Wärmepumpen-Varianten.

  • Das Prinzip basiert immer auf der Annahme, dass der Energiequelle von außen, fortwährend und ohne Unterlass mindestens so viel Energie zugeführt wird, wie ich ihr mit der Wärmepumpe entziehe (die Quelle also „unerschöpflich“ ist).
    Grundlage für die Effizienzbewertung einer Wärmepumpenheizung ist die sogenannte „Jahresarbeitszahl“ (JAZ). Diese gibt das Verhältnis zwischen eingesetzter Primärenergie (als der Energie die benötigt wird um die Pumpe zu betreiben) und zur Verfügung gestellten Gesamt-Heizenergie dar. Eine Jahresarbeitszahl von z.B. „4“ bedeutet, dass man mit 1 kWh elektrischem Strom (Primärenergie), der Umgebung zusätzliche 3 kWh entziehen kann, also in der Summe 4 kWh zum Heizen zur Verfügung hat.
    Erreicht werden mit den oben genannten Anlagentypen JAZ-Werte von 2,5 bis 5. In aufsteigender Reihenfolge: Luft-Wasser (typische JAZ= 2,5 bis 3,5), Sole-Wasser (Flächenkollektor; JAZ = 4), Sole-Wasser (Tiefensonde; JAZ= 4,5) und Wasser-Wasser (JAZ=5).
  • Ob diese Werte auch wirklich erreicht werden können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zunächst davon, dass auch wirklich hinreichend „Zapf-Energie“ aus der Umgebung nachströmt.
    Bei der Luft-Wasser Variante wird das im Winter eher schwierig, da bei frostigen Außentemperaturen kaum Energie nachströmt und man dann mehr oder weniger rein elektrisch heizt. Ist der Winter vergleichsweise warm ist das eine super Sache.
    Bei der Sole-Wasser Version mit Flächenkollektor kommt es sehr darauf an, den richtigen Standort zu wählen und die richtige Tiefe für die Sonden zu finden. Typische Tiefen liegen um die 1,5 bis 2 Meter. Bei dieser Variante wird die Energie hauptsächlich durch die Sonneneinstrahlung im Sommer eingespeist. Diese wandert dann langsam von der Grasnarbe in den Boden und sollte idealer Weise genau zur Heizperiode (also im kältesten Winter) in der Tiefe des Flächenkollektor ankommen. Und das sind eben die 1,5 bis 2 Meter. Und es ist auch unmittelbar klar, warum der Standort von Bedeutung ist. Wenn dieser im Sommer z.B. durch Bäume beschattet wird ist das (ironisch ausgedrückt) nicht unbedingt von Vorteil.
  • Die Sole-Wasser Version mit Tiefensonde ist nicht von der Sonneneinstrahlung abhängig. Hier wird tatsächlich der Energienachschub aus dem Erdinneren geliefert. Aber der Begriff Tiefensonde ist sehr dehnbar und sollte keineswegs mit der Geothermischen Tiefenbohrung, wie sie z.B. in München Freiham zu sehen ist oder aus dem Beispiel Staufen negativ aufgefallen ist, verwechselt werden. Bei den Tiefensonden, von denen hier die Rede ist, sind Sondentiefen von bis zu 99 Metern möglich, ggf. mehrere nebeneinander, aber tiefer geht es nicht. Das liegt ganz einfach daran, dass bis 99 Metern Tiefe das Wasserrecht greift und alles was tiefer ist, unter das viel kompliziertere Bergbaurecht fällt.
  • Das Prinzip bei beiden Varianten (Flächenkollektor oder Tiefensonde) basiert darauf, dass in einem geschlossenen Leitungskreislauf eine frostsichere Salzwasserlösung (die „Sole“) umgewälzt wird und diese auf dem Weg „in“ den Kollektor/die Sonde aus dem Erdreich Energie aufnimmt (sich „erwärmt“, wenn man denn 5 bis 8 oder ggf. 12°C als warm bezeichnen würden) und an der Wärmepumpe dann wieder abliefert (abgekühlt wird). Und dann geht es in die nächste Runde.
  • Die Energieleistung, welche Sie dem Erdreich entziehen können (die sogenannte „Entzugsleistung“) ist sehr davon abhängig, wie das umgebende Erdreich beschaffen ist. Für den Flächenkollektor werden Entzugsleistungen zwischen 10 und 40 Watt/m2 Für die Tiefensonden liegen die Werte für die Entzugsleistung typisch zwischen 30 und 80 Watt/m „laufendem Meter Sondentiefe“. Die kleineren Werte kommen für eher trockenes, ggf. poröses Erdreich zum Tragen. Die oberen Werte sind zu erreichen, bei dichtem – und idealer Weise -, nassem Erdreich in der Umgebung. Der Grund dafür ist, dass feuchtes und dichtes Erdreich Wärme besser leiten kann.
  • Die Auslegung einer solchen Anlage ist ein kleines Lotteriespiel, wie das folgende Beispiel zeigen soll: Nehmen wir an, Sie benötigen für Ihre Wohngebäude eine Heizleistung von 13 Kilowatt (kW), damit Sie auch im kältesten Winter nicht frieren müssen. Dann können Sie leicht ausrechnen, wie viel Fläche, bzw. welche Tiefe Sie erreichen müssen, damit das Ganze auch funktioniert:
    (Beispiel: Flächenkollektor) 13.000 W geteilt durch 25 W/m2 bedeutet, dass Sie den Flächenkollektor mit 520 m2 auslegen müssen.
    (Beispiel: Tiefensonde) 13.000 W geteilt durch 55 W/m bedeutet, dass Sie eine Lauflänge in die Tiefe von ca. 240 Metern erreichen müssen. Bei einer maximalen Tiefe von 99 Metern (tiefer geht es ja nicht) wären das dann z.B. 3 Bohrungen mit jeweils 80 Metern Tiefe, oder 4 x 60 m, oder was auch immer geht. Bei der Tiefensonde gibt es eine Besonderheit welche einem einen richtig fetten Strich durch die Rechnung machen kann: „Wird gebohrt, dürfen Sie mit der Bohrung keine zwei Wasserhorizonte miteinander verbinden.“ Sie dürfen also die erste wasserführende Grundwasserschicht durchbohren; und dann weiter, bis Sie auf die zweite wasserführende Schicht stoßen. Sind Sie dort angekommen geht es ca. 5 Meter wieder nach oben und Sie kennen die maximale Bohrloch- / Sonden-Tiefe.
    • Perfekt ist, wenn das ganze Erdreich von oben bis unten durchtränkt ist.
    • Glücklich ist, wer den zweiten Horizont möglichst tief hat.
    • Richtig blöd wird es, wenn der schon in 20 oder 30 Metern Tiefe kommt.
    • Ist der Boden auf der Ganze Tiefe ohne Grundwasser, wird es ggf. schwierig mit dem Energienachschub.

 

So sieht unser Bodenprofil in der Münchener Str. aus. Zahl der Sonden= 4, Sondentiefe 48 m

 

 

Wenn Sie dann auch noch keine Ahnung haben, mit welchem Untergrund Sie es zu tun haben, also ob Sie z.B. 10 oder 80 W entziehen können, kann das schnell zu einem finanziellen Massengrab werden oder sie haben hoffnungslos überdimensioniert, wenn Sie mit Ihrem Erdreich am oberen Ende der Entzugsskala sind.
Flächenkollektoren sind hier mit deutlich weniger Risiko behaftet. Bei der Tiefensonde ist das wirklich eine Lotterie.
Um das Risiko klein zu halten überlegen Sie zunächst wo Sie Wohnen. Steht ihr Bestand z.B. auf einem Hügel, wohlmöglich einer eiszeitlichen Endmoräne, könnte der erste Grundwasserhorizont sehr tief liegen, was ggf. schlecht wäre (vielleicht haben Sie ja einen Bohrbrunnen oder hatten einen, dann hätten Sie schon mal einen Anhaltspunkt). Oder liegen sie auf einem Gewässerniveau, was eher eine günstige Prognose ist.
Aber da sind ja noch die Wasserwirtschaftsämter. Diese müssen das ganze Vorhaben ohnehin genehmigen und verfügen daher auch über jede Menge Erfahrung, kennen die Bodenverhältnisse und können ggf. sagen, ob sich jemand in Ihrer Nähe schon mal an ein solches Projekt gewagt hat.

  • Zu guter Letzt die Wasser-Wasser Hier werden zwei Bohrungen bis in die Grundwasser führenden Erdschichten angelegt. In dem einen Brunnen (der Zapfstelle) wird das Grundwasser nach oben geholt mit typisch 7 bis 11°C. In der Wärmepumpe wird diesem Wasser Energie entzogen (es wird abgekühlt) und dann im Schluckbrunnen (welcher weit genug weg ist von der Zapfstelle) dem Grundwasser wieder zugeführt. Bzgl. des Wasserhaushaltes ist das ein Nullsummen-Spiel. Es ist nur eben etwas kühler als vorher.
    Es gibt zwei gewichtige Gründe, die für die Wasser-Wasser Wärmepumpe sprechen und erklären, warum gerade diese Variante die höchste JAZ (Jahresarbeitszahl)  hat: Erstens ist die Grundwassertemperatur über das Jahr gesehen sehr konstant und zweitens ist das Wasser selber das Medium, dem die Energie entzogen wird. Über den Zustrom von „frischem“ Grundwasser werden immer „frische“ Energiemengen zur Verfügung stehen, solange der Zapfbrunnen nur nicht trocken fällt.

Anmerkung: … ganz im Gegensatz zur Sole-Wasser Variante. Hier wird die Energie dem Erdreich entzogen (das Erdreich wird abgekühlt) und würde immer weiter abkühlen, wenn nicht genügend Energie aus dem umgebenden Erdreich nachwandern kann. Sole-Wasser Systeme müssen sich regenerieren. Wasser-Wasser Systeme müssen das nicht (Luft-Wasser Systeme im Übrigen auch nicht).

  • Das einzige Risiko bei der Wasser-Wasser Variante ist der Zapfbrunnen selber. Wie bei jedem anderen Brunnen auch, können die Filteranlagen verstopfen und es ggf. notwendig werden, diese zu warten oder im schlimmsten Fall einen neuen Brunnen zu bohren.
  • Warum sollte man sich eigentlich für die eine oder andere Variante entscheiden? Das liegt auf der Hand:
    • Luft-Wasser ist mit großem Abstand die Lösung mit den geringsten Investitionskosten und ist sehr schnell und einfach errichtet. Sie ist praktisch ohne Risiko, da man von vornherein weiß, dass im Winter nicht viel rumkommt, wenn es kalt wird. Das bedeutet, sie hat den geringsten Effekt bei der Senkung der Nebenkosten. Und sie ist ökologisch gesehen fragwürdig, zumindest solange wie für den Betreib kein „grüner Strom“ verwendet wird.
    • Die Sole-Wasser Version ist bzgl. der Investitionen sicher am teuersten, da
      ein Flächenkollektor dieser Größe in der Regel nur dann wirtschaftlich angelegt werden kann, wenn z.B. für einen Neubau ohnehin eine Baugrube ausgehoben wird.
      Die Bohrungen für die Tiefensonde sind relativ teuer und durchaus mit großen Risiken verbunden, welche nur durch gründliche Vorarbeit klein gehalten werden können.
      Hat man die Bohrungen erst einmal durchgeführt, weiß man dafür aber sehr genau, worauf man sich eingelassen hat.
      Für einen Gebäudebestand, oder sehr keine Grundstücke ist die Tiefensonde durchaus eine Variante, die in Erwägung gezogen werden sollte, da hier der Flächenverbrauch sehr gering ist (Bohrlochabstand ist typisch 5 Meter oder mehr).
      Wir haben uns für eine Tiefensondenlösung entschieden und hatten das erwartete Glück. 4 Sonden mit je 48 Metern Tiefe, in sehr feuchtem Untergrund und die Gewissheit, immer genügend Leistung entziehen zu können.
      Neben dem geringen Flächenverbrauch ist der größte Fürsprecher, dass diese Variante vollkommen wartungsfrei ist.
    • Die Wasser-Wasser Variante ist ökologisch betrachtet, sicher die beste Variante der Wärmepumpe. Ob sich das über die Zeit auch wirtschaftlich so fortführt, hängt von der Qualität, Stetigkeit des Zapfbrunnens ab.
  • Es gibt noch ein paar Anmerkungen zu machen, die sich deutlich auf die Sinnhaftigkeit der Wärmepumpen auswirken.
  • Wärmepumpen sind nur dann effizient, wenn die Vorlauftemperatur ihrer Heizung gering sein kann. Das wird nur erreicht, wenn sie eine Fußboden- oder Wandflächenheizung haben. Vergessen Sie das Ganze, wenn Sie normale Heizkörper betreiben. Bei der Fußbodenheizung oder Wandflächenheizung achten Sie darauf, dass die Heizschlangen möglichst dicht / eng verlegt werden (auch das führt dazu, dass Sie mit geringerer Vorlauftemperatur arbeiten können).

ANMERKUNG: Es gibt noch andere Gründe sich für eine Fußboden- oder Wandflächenheizung mit möglichst geringer Vorlauftemperatur zu entscheiden.
Erstens wird, bei geringer Vorlauftemperatur, die Heizenergie in erster Linie über Wärmestrahlung abgegeben (im Gegensatz zu Heizkörper vor dem Fenster, wo Sie am Flimmern der Luft über dem Heizkörper die aufsteigende Warmluft (Konvektion) sehen können.
Wärmestrahlung wird als wärmender empfunden als erwärmte Luft (in der Folge können Sie die Raumtemperatur um 1 oder 2 °C absenken, vermutlich, ohne dass Sie den Unterschied überhaupt bemerken).
Zweitens führt ein zu stark erwärmter Fußboden bei manchen Menschen zu Kreislaufproblemen oder wird zumindest als unangenehm empfunden.
Drittens, durch das Ausbleiben (oder zumindest deutliche verringerte) aufsteigende Warmluft, haben Sie eine der Hauptursachen für die Staubverwirbelungen in der Wohnung unterbunden.

  • Brauchwasserbereitung mit der Wärmepumpe geht, ist aber sicher nicht optimal, da die Brauchwassertemperatur typisch bei 50 bis 65 °C liegt.
    Grundsätzlich gilt für Wärmepumpen: je geringer der Temperaturhub (Temperaturunterschied) zwischen Energiequelle und dem Medium ist, das ich erwärmen will, umso besser ist der Wirkungsgrad.

Als Fazit zur Wärmepumpe könnte man folgendes sagen:

  • Bei Neubauten würde ich immer über eine Wärmepumpe nachdenken
  • Bei Bestandsbauten lohnt sich das nur dann, wenn Sie umfassend auch über die Gebäudehülle (Isolation) und die Art der Beheizung (weg vom Heizkörper), nachdenken.
    Im Teil „Energiequelle Nr. 3 – Energieerzeugung“ werde ich auf die Sole-Wasser Wärmepumpen noch einmal zurückkommen beim Thema Solarthermie und grundsätzlich (das gilt für alle Wärmepumpenarten) beim Thema Photovoltaikanlagen.

Zum Abschluss dieses Kapitels „Energiequelle Nr. 2 – vorhandene Energiequellen effizient nutzen“ kann man festhalten, dass der Tausch „alt“ gegen „neu“, egal ob sie zur Brennwerttechnologie, dem BHKW, oder zur Pelletheizung wechseln, unabhängig vom Zustand des Gebäudes, hohes Potential für einen „schnellen Gewinner“ hat, auch wenn’s ökologisch vielleicht nicht die beste Variante ist. Ggf. ist es ja, wegen der Verfügbarkeit der Investitionsmittel auch die einzige Möglichkeit.
Aber treffen Sie keine voreiligen Entscheidungen. Verschaffen Sie sich, wo immer möglich, zunächst einen Überblick über ihren Bestand und die Möglichkeiten.
Dauerhaft die laufenden Kosten senken geht nur, wenn Sie umfassend über alle Maßnahmen nachdenken und den Bestand soweit gebracht haben, dass im besten Fall die Wärmpumpe Einzug halten kann.

 

Egal was: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

6. ENERGIEQUELLE NR. 3 – ENERGIEERZEUGUNG

Worum geht es in diesem Abschnitt? Hier werden die technischen Wirkprinzipien von Photovoltaikanlagen, Solarthermie und Windkraftanlagen erklärt. Darüber hinaus werden die wichtigsten Kenngrößen beschrieben und welche Auswirkungen die Anlagen in ihrer Umwelt haben.
Und es geht um mögliche Energiepufferlösungen, um die Zeiten der höchsten Energieerträge mit jenen der höchsten Verbräuche zu verbinden.

Hier geht es jetzt um die Energiegewinnung. Welche Möglichkeiten gibt es und wie können Sie diese nutzen, sei es, weil Sie selber der „Erzeuger“ sind oder Sie im Verbund mit anderen an einer größeren Anlage teilhaben oder Sie schlicht als „Kunde“ auftreten.

Zunächst sollen die unterschiedlichen Varianten erklärt werden. Daran anschließend soll aufgezeigt werden, was das mit Ihnen zu tun hat oder haben kann.
Die Schwerpunkte werden gelegt auf Photovoltaik, Solarthermie, Windkraft und auch die damit zwangsläufig zusammengehörenden Speichermöglichkeiten der erzeugten Energie, wenn diese nicht direkt „verbraucht“ werden kann.

6.1. PHOTOVOLTAIK

Beginnen wir mit der Photovoltaik. Grundlage hierfür ist die Solarzelle. Um diese, zumindest im Prinzip, zu verstehen muss man ein wenig ausholen.
Jeder kennt elektrisch leitende Metalle und Isolatoren.
Der Begriff „leitende Metalle“ ist technisch gesehen so sinnvoll wie „verheiratete Ehepaare“. So wie Ehepaare immer verheiratet sind, sind auch Metalle immer leitend. Leitend zu sein ist „das Markenzeichen“ der Metalle. Sobald ich die Spannung einer Autobatterie von z.B. 12 Volt (V) an einen Draht anlege, fließt sofort ein Strom und zwar genau so lange, bis der Spannungsunterschied an den Batteriepolen 0 Volt beträgt (umgangssprachlich ist die Batterie dann leer).
Isolatoren sind das genaue Gegenteil von Metall. Da kann die Spannung zwischen den Batteriepolen fast so hoch sein, wie sie will, da fließt kein Strom.
Die Natur hat aber noch eine dritte Kategorie bereitgestellt. Das sind die sogenannten Halbleiter. Diese sind weder unter normalen Umständen leitend, noch sind sie unter allen Umständen nicht leitend. Will sagen, es gibt Umstände, da verhalten sich diese Materialien wie Metalle (sind also leitend) oder die Umstände sind so, dass sie sich wie Isolatoren verhalten (sind eben nicht leitend).
Der wohl berühmteste Vertreter dieser Stoffgruppe ist das „Silizium“ (chemisches Zeichen „Si“). Es ist in fast unerschöpflichen Mengen auf der Erde vorhanden und jeder von uns hat jeden Tag damit zu tun. Sie wandeln darauf, sie „durchschauen“ es, Sie trinken daraus. Silizium-Dioxid (SiO2) ist z.B. Sand (Quarzsand), die Fensterscheiben, das Trinkglas.
Dieses Silizium kann so hergestellt werden (da ist dann reines Silizium gemeint, das zu Kristallen „heranwächst“), dass es bei Raumtemperatur wie ein Isolator wirkt. Legt man jedoch eine Spannung an das Material an, wird es ab einem bestimmten Spannungspegel plötzlich leitend. Und noch besser, man kann es so herstellen, dass es im Prinzip eine gewisse Spannung schon in sich hält und dann nur noch ein kleiner Schubs benötigt wird, um von sich aus einen Stromfluss auszulösen. Dieser Herstellungsprozess heißt im Fachausdruck „dotieren“. Dabei entstehen im Silizium Zonen, die wie ein Batteriepluspol wirken (das ist die „n“-Dotierung) und solche die wie ein Minuspol wirken (das ist die „p“-Dotierung).

ANMERKUNG: Lassen Sie sich nicht durch die Zuordnung „Plus“ = „n“ und „Minus“ = „p“ irritieren. (gefühlsmäßig würde man das andersherum erwarten).  Dass die Zuordnung so ist, hat historische Gründe, die hier nicht weiter erklärt werden. Wer es genauer wissen will kann z.B. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrischer_Pol oder https://de.wikipedia.org/wiki/Dotierung einen ganz guten Einstieg finden.

Werden dann durch irgendeinen Prozess elektrisch geladene Teilchen frei, bewegen sie sich zu dem einen oder anderen Pol.
Denken Sie an das Lottospielgerät von früher. Auf einer schrägen Ebene (die obere Kante ist der eine Pol und die untere der andere Pol), sind Lottokugeln, jede in einer Mulde.  Dank der Mulde, in denen sie liegen, werden sie daran gehindert, die Schräge hinunter zu rollen. Wenn Sie nun aber anfangen würden, gegen diese „Lottoschräge“ zu stoßen oder zu schlagen, beginnen die Kugeln in ihren Mulden zu hüpfen, bleiben aber noch in ihrer Mulde. Erst wenn Sie so stark dagegen schlagen, so dass die ersten Lottokugeln aus der Mulde heraushüpfen können, dann beginnen sie auf der Schräge nach unten zu wandern. Schlagen Sie noch heftiger gegen die Schräge, gehen auch mehr Kugeln auf Wanderschaft, solange, bis keine Kugel mehr in seiner Mulde ist.
Wenn Sie oben an der Schräge nun weitere Lottokugeln bereithalten würden, mit denen Sie die Mulden wieder befüllen und Sie gleichzeitig unten dieselbe Menge wegnehmen, werden auch diese Kugeln die Schräge hinunterrollen, wenn Sie nur weiter dagegen schlagen.
Auf diese Weise können Sie also einen beständigen Strom an Lottokugeln erzeugen.
Jetzt ersetzen Sie das Wort Lottokugeln durch „Elektronen“ (das sind elektrisch geladenen Teilchen, und deren Bewegung von „Pol A“ nach „Pol B“ ist exakt das, was technisch als „elektrischer Strom“ bezeichnet wird) und schon wissen Sie, was in der Solarzelle passiert.
Bleibt die Frage: Wer stößt denn nun bei der Solarzelle immer gegen die Schräge?
Sie werden es schon erraten haben: Das ist das Sonnenlicht und zwar umso heftiger je mehr Licht auf die Solarzelle fällt. Die Elektronen werden gleichsam durch das Licht aus ihrer Verankerung (den Mulden) herausgelöst und wandern dann in Richtung des Pols der sie anzieht.
Es hört sich zwar komisch an, aber die elektrische Energie, die Sie dabei erzielen, ist exakt jene, die Sie benötigen, um die Elektronen aus ihrer Verankerung zu lösen (die Kugeln aus ihren Mulden zu heben).
Der Prozess zum Herauslösen der Elektronen heißt „Photoeffekt“ wenn Licht der Energielieferant dafür ist. Und erzeugt einen elektrischen Strom welcher in der Solarzelle „Photostrom“ heißt.
Wenn Sie jetzt noch ganz viele von den Solarzellen miteinander „verheiraten“, dann nennt man diese „Ehe“ Photovoltaik-Paneele oder Solarzelle. Diese kombinieren Sie jetzt noch zu ganzen Solarfeldern auf Ihrem Hausdach, oder noch viel größeren Freiflächenanlagen und schon haben Sie Ihren Solarpark (das photovoltaische Solarkraftwerk).

Es gibt eine Fülle unterschiedlicher Solarzellen, die aber alle mehr oder weniger auf diesem Prinzip beruhen. Eine sehr wichtige Kenngröße für Solarzellen ist ihr Wirkungsgrad, d.h. die Frage danach, wieviel elektrischen Strom (elektrische Leistung) aus einer bestimmten Menge Licht erzeugt werden kann. Diese Werte liegen für marktübliche Solarzellen typisch bei 20% (plus oder minus 5%). Also können Sie aus 5 Watt Lichtleistung 1 Watt elektrische Leistung gewinnen.

Dann ist es kein weiter Weg mehr, sich klar zu machen, welches Potential dahinter steckt. Zur Verdeutlichung ein paar Zahlen:

  • Von der Sonne wird ohne Unterlass eine Leistung von 1.360 Watt pro Quadratmeter [W/m²] auf die Erde abgegeben (im Fachausdruck ist das die sogenannte „extraterrestrische Solarkonstante“; „extraterrestrisch“ heißt: diese Leistung triff den äußeren Rand unserer Atmosphäre). Diese Leistung würde reichen, um z.B. zwei Standard-Bohrmaschinen, eine Waschmaschine, etc. damit zu betreiben.
  • Bedenkt man, dass die Erde einen Durchmesser von ca. 12.000 km hat, ergibt sich eine von der Sonne beschienene Silhouette der Erde (es zählt hier nicht die Kugeloberfläche der Erde) mit einer Fläche von ca. 113.000 Milliarden Quadratmetern. Multiplizieren Sie das mit 1.360 Watt und Sie kommen auf die unvorstellbar große Zahl von ca. 150.000 Billionen (150.000.000.000.000.000) Watt.
  • Das bedeutet z.B. in nur einer einzigen Stunde Sonnenschein erreicht so viel Sonnenenergie die Erde, wie in etwa die gesamte Menschheit in einem kompletten Jahr an Energie verbraucht.
  • Oder das ist pro Sekunde, die 2.800-fache Energie der Sprengkraft, die in „Little Boy“ gesteckt hat (der ersten abgeworfenen Atombombe auf Hiroshima).

Zum Glück kommt das nicht alles am Erdboden an und die Erde selber strahlt auch ganz kräftig Energie in den Weltraum wieder ab. Am Ende sollte sich das Ganze schön im Gleichgewicht halten.
Wie auch immer, von den 1.360 W/m² kommen auf der Erdoberfläche um 12:00 Uhr mittags, an einem schönen Sommertag (blauer, weitgehend wolkenloser Himmel) davon noch zwischen 800 und 1.000 Watt an. Den Rest schluckt oder reflektiert die obere Atmosphäre.
Von diesen 1.000 Watt/m² können, bei einem Wirkungsgrad von 20%, ca. 200 Watt, durch ein 1 Quadratmeter großes Solarpaneel in elektrische Leistung umgewandelt werden. Sie würden also ca. 5 Quadratmeter Solarpanelfläche benötigen, um auf ein Kilowatt elektrische Leistung zu kommen. Das wäre dann der Wert den man als „Peak-Leistung“ (zu Deutsch „Spitzenleistung“) bezeichnet.
Wenn ihnen eine Fachfirma eine Photovoltaikanlage verkaufen will, dann sagt sie z.B. 1kW Peak-Leistung kostet z.B. 1.200,- €. Und dann meint er irgendwas in der Größenordnung von z.B. 5 Quadratmetern.
Wenn Sie also weiter eine Idee haben, welche elektrische Leistung Sie von Ihrer Photovoltaikanlage in der Spitze erwarten, dann nehmen Sie diesen Wert einfach mit 5 mal und Sie wissen grob wie viel Dachfläche Sie dafür bereitstellen müssen.
Bei einer Freiflächenanlage, mit einer effektiven Fläche von einem Hektar (10.000 m²), kommen Sie rein rechnerisch auf eine Peakleistung von 2.000 kW (2 Megawatt (MW)). Das wäre genügend Leistung für eine ganze Menge Haushalte, – ist aber bis hierher nur Theorie.

  • Leider Gottes (oder doch eher Gott sein Dank?) tut uns das Wetter nicht den Gefallen und lässt die Sonne ohne Unterlass vom blauen Himmel auf uns herabscheinen. Meistens schieben sich Wolken dazwischen, was die Lichtleistung auf 500 oder 200 W/m² herunterdrückt.
  • Dazu kommt, dass sich die Erde um sich selbst dreht, mit der Folge, dass nachts die Leistung auf „0“ herunter geht
  • Und dann wären da noch die Jahreszeiten. Im Winter fällt die Sonne viel schräger ein als im Sommer.
  • Und dann hängt das auch noch davon ab, in welchen nördlichen Breiten der Standort ist.
    Die Peakleistung besagt also nur, bis zu welcher Leistung es maximal gehen könnte und was der Spaß ungefähr kostet. Mehr nicht.

Aussagekräftiger ist der sogenannte „spezifische Ertrag“. Dieser gibt an, mit welchem Ertrag Sie, über das Jahr gesehen, rechnen können. Und dieser Wert liegt hier in Mitteleuropa in der Größenordnung 1.000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr, für eine Peakleistung von 1kW (erinnern Sie sich, dafür müssen Sie ca. 5 m² Dachfläche bereithalten).
Damit dieser Wert auch wirklich realisiert werden kann, müssen viele Faktoren zusammen kommen, die Nichtfachleute nicht alle kontrollieren / überblicken können. Aber um eine Vorstellung davon zu entwickeln, was für Sie dabei herauskommt, reicht das.
Nehmen wir mal wieder den Standard-Haushalt: Jahresstromverbrauch 3.500 kWh.
Da würde ich rechnerisch auf einer Fläche von 5 x 3,5 = 17,5 m² kommen, um den Jahresbedarf dieses Haushaltes zu erzeugen. Aber (und leider gibt’s hier auch ein ABER) der Solarstrom hängt eben 1:1 vom Sonnenschein ab und dieser passt nur selten auch zu unserem Bedarf an elektrischer Energie. Der einzige Ausweg ist, die gewonnene Solarenergie irgendwie in die „Bedarfszeiten“ zu retten.

Dafür gibt es im Wesentlichen 3 Möglichkeiten:

  1. Sie schaffen sich einen Batteriepuffer an (was ich immer machen würde). Damit können sie ein gewisses Energie-Kontingent speichern, um z.B. die hohe Sonneneinstrahlung der Mittagszeit, in den Abend oder die Nacht zu retten. Bei Dauerregen wird das aber vermutlich trotzdem nicht reichen, denn auch Batteriepuffer sind nicht zum Nulltarif zu haben und damit wird die Kapazität irgendwo begrenzt sein. Aber auch wenn so ein Speicher teuer ist (wird im Gegenzug auch stark gefördert), mit den angegebenen Wirkungsgraden von 90% und mehr, ist das ein hervorragendes Mittel um möglichst viel teuren Netzstrom durch Solarstrom zu ersetzen. Ob sich das für Sie rechnet, sollte wieder der Fachmann für Sie ermitteln.
  2. Sie speisen den überschüssigen Strom in das öffentliche Netz ein und bekommen dafür die sogenannte „Einspeisevergütung“. …….. und entnehmen den Strom aus dem öffentlichen Netz, wenn Ihre Solaranlage oder der Puffer nichts mehr hergeben. Dann haben Sie, was Sie direkt verbrauchen eingespart (das liegt in der Größenordnung 30%, ohne Batteriepuffer und kann über 50% mit Puffer gehen).
    Die verbleibenden Stromkapazitäten, die Sie einspeisen, senken zumindest ihren Strompreis, da sich dieser um die Einspeisevergütung reduziert.

ANMERKUNG: Die Einspeisevergütung liegt gegenwärtig bei 8,4 Eurocent / kWh für Anlagen bis 10 kW-Peak (der Wert ändert sich jährlich). Darüber hinaus sollte man sich auch darüber im Klaren sein, dass die Strom-Netzbetreiber Ihre Anlage ggf. einfach vom Netz nehmen, wenn sie mit dem Stromüberangebot nicht mehr fertig werden.

  1. Oder Sie „verbrauchen“ den überschüssigen Strom für Haushaltsverbraucher, für welche Sie sonst z.B. Öl oder Gas verbrennen müssten (z.B. Brauchwasserbereitung, im e-Auto).Am Ende wird es wohl immer auf eine Mischlösung mit allen drei Komponenten hinauslaufen. Und das Ganze funktioniert unabhängig davon, ob Sie Ihr Haus nun energetisch saniert haben oder nicht, denn bis hierher hatte das alles nur mit dem normalen Hausstrom zu tun und vom Heizen war da noch gar nicht die Rede. Jetzt verbinden Sie in Ihrem Kopf die Photovoltaikanlage mit der elektrischen Wärmepumpe. Dann wird es erst richtig spannend. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass bei einem gut gedämmten Haus der Stromverbrauch einer Wärmepumpe nur unwesentlich über dem normalen Hausstrom liegt (bei schlechter gedämmten Häusern mag das anders sein).
    Aber wie auch immer, wenn Sie diesen Strom auch noch „grün“ erzeugen, können Sie in Verbindung mit einem gut ausgelegten Batterie-Pufferspeicher, die Sonnenscheinzeiten mit den Heizphasen verbinden. In der Folge fallen Ihre Nebenkosten für die Energieversorgung dramatisch in sich zusammen. Diese Verbindung von Stromgewinnung und Speicherung funktioniert bei Wärmepumpen besonders gut, weil hier die Bedarfszeiten sehr gut planbar sind. Sehr im Gegensatz zum normalen Hausstrom, wo der Bedarf anfällt (und auch noch sehr stark schwankt), je nachdem ob ich gerade am Fernseher sitze, der Backofen oder die Waschmaschine läuft oder im Internet gesurft wird oder was auch immer Sie gerade tun.
6.2. SOLARTHERMIE

Kommen wir nun zu dem letzten Punkt: Das ist die „Solarthermie“. Hier haben wir es mit „Low-Tech“ zu tun, denn es wird einfach nur eine frostsichere Flüssigkeit (eine Sole) durch Sonnenkollektoren z.B. auf dem Dach gepumpt und dann z.B. im Brauchwassertank wieder abgekühlt.
Der Wirkungsgrad liegt, im Vergleich zur Photovoltaik, bei phantastischen 50%.
Anlagentechniken gibt es viele, z.B. Röhrenkollektoren, einfache Plattenkollektoren, die Dinger könnte man bei etwas handwerklichem Geschick auch selber bauen. Jeder kennt die Aufstellgeräte zum Aufheizen der Gartenpools, usw..

Nun könnte man auf den Gedanken kommen: ist doch super, warum dann Photovoltaik? Die Antwort ist sehr einfach. Das Problem liegt auch wieder darin, dass die Erzeugungszeiten und die Bedarfszeiten nicht zusammenpassen. Wenn die Sonne vom Himmel brennt, muss ich in der Regel wenig heizen (Sommer-Winter Dilemma; Ausnahme ist das Brauchwasser, das wird zu jeder Jahreszeit benötigt). Solarthermie-Paneele können Sie, im Gegensatz zu Photovoltaikanlagen, nicht abschalten. D.h. Energie kommt, wenn die Sonne scheint und dann muss Sie weg gekühlt werden – PUNKT – sonst geht die Anlage kaputt.
Und da liegt das Problem. Wir könnten spielend unseren gesamten Heizenergiebedarf mit Solarthermie decken, aber die Frage ist: wohin mit der Energie, wenn wir nicht heizen wollen. Das ist der Grund, warum Solarthermie in der Regel nur zur Heizungs-Unterstützung oder für die Brauchwasserbereitung herangezogen wird. Die Anlagen werden so ausgelegt, dass wir die bereit gestellte Energie auch „immer und sicher“ abnehmen können.
Das hat in den Anfangszeiten bei zu großen Anlagen zu absurden Situationen geführt, in denen im Sommer z.B. der Keller geheizt wurde, nur um die Überschussenergie los zu werden. Also nicht einfach drauflosbauen, die Anlage will wohlgeplant sein. In der Regel dürfte auch hier eine fachmännische Beratung kein Nachteil sein.

Aber (und jetzt kommt mal ein positives ABER) man kann die Solarthermie auch weiterdenken. Stellen Sie sich wieder die weiter vorne beschriebene Wärmepumpe vor, z.B. mit Flächenkollektor, oder Tiefensonde. Wenn Sie diese an das Solarthermiesystem anschließen, können Sie die Kollektorfläche fast beliebig erweitern, denn Sie gewinnen schlagartig einen riesigen Wärmepuffer in welchem Sie überschüssige Wärme puffern können. Mit etwas Glück regenerieren Sie die Erdwärme um die Sonde oder den Kollektor herum und haben sie in Bedarfszeiten zur Verfügung (siehe Wärmepumpe). Im schlechtesten Fall ist diese Wärme verloren.
Wie auch immer, das hat dramatische Konsequenzen für die Nutzungsperiode der Solarthermie, da die Anlagenauslegung nicht mehr daran gebunden ist, wie viel Energie ich sicher abnehmen kann.

Auf einmal haben Sie die Wahl:

  • Im Sommer (außerhalb der Heizperiode) wird das Brauchwasser direkt aus den Paneelen erhitzt. Alles andere kann in die Erde gehen und kann im besten Fall im Winter wieder abgerufen werden.
  • Bei geringerer Sonneneinstrahlung, wenn es für das Brauchwasser nicht mehr direkt reicht, reicht es ja ggf. noch direkt für die Heizkreisvorläufe oder, wenn es noch weniger wird, dafür, den Solekreislauf der Wärmepumpe zu unterstützen.
    Kurz gesagt: Die effektive Nutzungsperiode einer Solarthermie-Anlage kann fast auf das ganze Jahr ausgedehnt werden, bei gleichzeitig viel größeren Anlagenfläche als heute üblich.
    Die Wirkungen auf die Nebenkosten zu Energiegewinnung sind wieder dramatisch.
  • Nicht nur, dass Sie die jährlichen Laufzeiten der Wärmepumpe damit verkürzen,
  • Durch die ganzjährige Unterstützung heben Sie auch noch die Temperatur im primären Solekreislauf an, was bekanntermaßen einen positiven Einfluss auf die Effektivität (die JAZ) der Anlage hat
  • Ggf. kann die Wärmepumpenanlage auch eine Nummer kleiner ausfallen.

Wir haben dies leider in unserem Haus noch nicht realisiert, aber es würde mich nicht wundern, damit den Bedarf für den Wärmepumpenstrom noch einmal zu vierteln.

6.3. ALLES WAS MAN SELBER UMSETZEN KANN (EIN ZWISCHENFAZIT)

Ein kleines Zwischenfazit an dieser Stelle sollte Sinn machen:
Wenn Sie all die bisher genannten Möglichkeiten in Betracht ziehen (Sanieren, effektive Heizsystem, Pufferungssysteme), werden Sie selber darauf kommen, dass es für den Einzelnen mehr als genug Möglichkeiten gibt, der Problematik des Klimawandels zu begegnen oder seine Nebenkosten auf ein Minimum zu drücken.
Alle genannten Möglichkeiten auszuschöpfen, ist gar nicht notwendig und würde über das Ziel weit hinauszuschießen. Sie würden auch einen viel zu hohen Aufwand für die Anlagentechnik betreiben.
Das sogenannte „Passivhaus“ ist keine Utopie, aber wenn Ihre Mittel dafür nicht reichen, – macht nichts – alles, was den Verbrauch senkt, hilft. Tun Sie, was für Sie machbar ist, aber tun Sie um !Himmels-Willen! nicht nur das Nötigste, um irgendwelchen Vorschriften Genüge zu tun. Wenn Sie es nicht schon hatten, dann haben Sie jetzt genug Wissen, um selber beurteilen und entscheiden zu können.
Lassen Sie sich gerne helfen (ohne Hilfe wird es nicht gehen), aber ausgeliefert muss man dabei nicht sein.

6.4. DAS GEHT NUR ZUSAMMEN (REGIONALE ENERGIEGEWINNUNG)

Jetzt wenden wir uns den Anlagen zu, die für den Normalbürger nicht im Bereich des Machbaren liegen. Das sind die großtechnischen Anlagen.
In Deutschland kommen dafür in erster Linie nur drei Variationen in Frage: die oben schon beschrieben Photovoltaikanlagen, die Windkraft und die Biogasanlagen (die Wasserkraft ist in Deutschland weitgehend ausgereizt).

Der Erstkontakt mit den Dreien steht bei Vielen erst dann an, wenn eine solche Anlage in Ihrer Nähe gebaut werden soll.
Ganz schnell wachsen dann die Propheten aus dem Boden, die Ihnen erzählen wollen, wie gefährlich so eine Anlage ist oder dass sie die ultimative Lösung aller Probleme darstellt (Ich gehöre eher zur Kategorie 2).
Wie ganz am Anfang schon festgestellt, schüren Propheten Ängste, indem sie Schreckensszenarien aufbauen. Fallen Sie darauf nicht herein. Machen Sie sich ihr eigenes Bild. Alles, was hier zuvor geschrieben wurde und im Folgenden stehen wird, sollte nicht als „die Wahrheit“ verstanden werden. Hinterfragen Sie alles (das Wissen liegt offen und für alle zugänglich auf der Straße des Internet), bemessen Sie alles mit ihrem eigenen Menschenverstand. Dann haben Sie eine Chance, sich nicht vor irgendeinen Karren spannen zu lassen und gewinnen Spielräume, selber zu gestalten.

6.4.1. SOLARFREIFLÄCHENANLAGEN

Zu den Solarfreiflächenanlagen ist technisch bereits alles gesagt. Die funktionieren genauso wie die Photovoltaikanlage auf Ihrem Hausdach.
Was dafür spricht: Solarfreiflächenanlagen lösen einen großen Teil unseres Energieproblems, auch wenn dabei dasselbe Problem mit der Verfügbarkeit des Stromes zur rechten Zeit auftritt.
Was dagegen spricht: Es geht Fläche dafür drauf.
Auf Brachland kann ich nicht erkennen, was dagegen spricht.
Auf Nutzland? Wenn ich das richtig einordne, suchen die Versorger dringend nach Freiflächen, will sagen, „das scheint sich zu rechnen“ (hier in Windach läuft ja gerade eine Planung). Wenn es mein Land wäre, würde ich mir ganz unabhängig vom ökologischen Nutzen überlegen, was bringt es mir betriebswirtschaftlich? Als Landwirtssohn kann ich auf der anderen Seite auch gut verstehen, wenn man auf seiner Scholle einfach nur Landwirtschaft betreiben will. Alles mit Photovoltaik zuzubauen macht ohnehin keinen Sinn, irgendwas essen wollen wir ja alle schließlich auch noch. Die Landwirtschaft hat sich in meinem Leben so dramatisch verändert (Subventionspolitik der EWG/EU, Flurbereinigung, Höfesterben, Landflucht, um einige Stichworte zu nennen) und ist aktuell wieder an einem Scheideweg, so dass mir vollkommen unklar ist, wie konventionelle Landwirtschaft überhaupt noch funktionieren soll. Noch größere Höfe? Wenn ich es wäre und die Möglichkeit hätte, dann würde ich mir einen spitzen Bleistift besorgen und das Rechnen anfangen, ob Solaranlagen vielleicht eine Chance sind.
Sind die Anlagen schön? Wohl eher nicht. Aber was ist die Alternative. Wenn wir für alle Optionen (das gilt genauso für Windkraft, Stromtrassen, Stauseen etc.) stets nur solange suchen bis wir ein Argument finden (und sei es noch so weit hergeholt oder naheliegend) welches dagegen spricht, dann werden wir einen Trümmerhaufen unserer Umwelt hinterlassen.
Photovoltaik hat da glücklicherweise kein so gravierendes Imageproblem.

6.4.2. WINDENERGIE

Kommen wir zu dem Kandidaten mit einem deutlich größeren Imageproblem, der Windkraft.
Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass die Windenergie in vielen Punkten zu Unrecht in der Kritik steht, aber das ist eben nur meine Meinung. Man kann sich der ganzen Sache aber auch relativ leicht sehr rational, also mit nachvollziehbaren Erklärungen nähern.

 

WINDENERGIE <−> DIE ENERGIE DES WINDES?

Beginnen wir mit damit zu erklären, was Windkraftanlagen machen, und wie sie funktionieren.
Die Grundlage ist insofern bestimmt jedem klar, als das der Luftmasse, welche durch den Wind angetrieben ist, Energie entzogen wird.
Frage Nummer 1 ist: „Welche Energie steckt im Wind?“.
Dazu ein kleiner Ausflug in die Physik.

Es gilt das Gesetz:

E= 1/2 * m *V²

„E“ bedeute Energie.

„m“ ist die Masse (die meisten würden sagen das Gewicht) eines Stoffes

„V“ ist die Geschwindigkeit mit welche diese Masse unterwegs ist.

Die Formel besagt nichts anderes (bemühen Sie gerne selbst einen Taschenrechner), als das ein Körper mit der Masse von z.B. m= 7,5 g (Gramm Gewicht), der mit einer Geschwindigkeit von 400 m/s (Metern pro Sekunde) unterwegs ist, eine Energie von 600 Ws (Watt-Sekunden = Joule) mit sich herumträgt.

Beachten Sie, dass die Masse (das Gewicht) nur proportional zur Energie beiträgt, während die Geschwindigkeit mit dem Quadrat der Geschwindigkeit (also „V x V“) zur Energie beiträgt.

Physikalisch bedeutet das, wenn Sie die Geschwindigkeit eines Körpers verdoppeln, vervierfachen Sie die Energie die in ihm steckt (400%).Hingegen führt eine Verdoppelung der Masse, bei ansonsten gleich bleibender Geschwindigkeit, nur zu einer Verdoppelung der Energie (200%).

Das Beispiel entspricht der Energie einer Pistolenkugel. Vergleichen Sie das mit der Energie z.B. in einem Elektro-Abbruchhammer, dessen Wirkung der eine oder andere schon mal beim Umbau kennen gelernt hat. Diese haben bei mittelschweren Handgeräten eine Schlagenergie von z.B. 5 Joule. Wenn Sie Beton zerlegen wollen hat das Gerät besser 30 Joule Schlagenergie und mehr. Vergleichen Sie die beiden Werte mit der Pistolenkugel, und es ist unmittelbar klar, warum man sich einer Pistolenkugel besser nicht in den Weg stellt. Das Beispiel ist zugegeben etwas sehr makaber gewählt, aber nur, weil man sich das sehr anschaulich vorstellen kann. Grundsätzlich gilt das Gesetz oben aber für ausnahmslos alle Körper oder Massen die sich mit einer gewissen Geschwindigkeit fortbewegen.

Bezogen auf die Windkraft ist diese „Masse“ genau die Masse der Luftmenge, welche durch einen Rotorkreis eines Windrades strömt.
Und wieviel ist das? Ganz einfach:
Stellen Sie sich eine Röhre vor mit dem Durchmesser eines Windrades, z.B. 50 Metern (das entspricht knapp 2.000 m² Querschnittsfläche des Rotors).
Weiterhin stellen Sie sich eine „frische Brise“ vor. Das ist ein Wind mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h (das entsprich ca. 11 m/s Metern pro Sekunde; super Wind zum Segeln). Der Wind wird die Luft also mit einer Geschwindigkeit von 11 m/s durch die Röhre pressen. D.h. in einer Sekunde wird eine Luftsäule von 11 Metern Länge durch die Röhre gepresst. Bei einem Querschnitt der Röhre von 2.000 m² ergibt sich dann ein Volumen der Luftsäule von 22.000 m³ (Kubikmeter) pro Sekunde.
Jetzt müssen wir noch feststellen, welche Masse diese Luftsäule hat (hier fiele es schwer mit dem Begriff Gewicht zu arbeiten). Bei 20°C hat ein Kubikmeter Luft eine Masse von ca. 1,2 kg. D.h. die gesamte Luftsäule hat pro Sekunde eine Masse von gut 26.000 kg (26 Tonnen; man sollte nicht glauben wie schwer Luft ist!).
Übertragen Sie das auf die Eingangsformel und Sie erhalten eine Energie von knapp 1.600.000 Ws (Wattsekunden / Joule), die pro Sekunde durch die Röhre gepresst werden. Das sind 1,6 MW (Megawatt), das ist „‘ne Menge Holz“.

Und jetzt kommt die Besonderheit der Windkraft:

  • Da die Energie einer Masse vom Quadrat der Geschwindigkeit (V x V) abhängt (siehe oben)
  • UND die Masse einer Luftsäule ebenfalls von dessen Geschwindigkeit (V) abhängt
  • ist die Energie des Windes von V³ (V x V x V) abhängig. Also eine Verdoppelung der Windgeschwindigkeit bedeutet eine Verachtfachung der Windenergie.
    Dieser Sachverhalt ist in der Windenergie von überragender Bedeutung (das gilt im Übrigen auch für einen Sturm oder Orkan und erklärt ganz nebenbei dessen enorme Zerstörungskraft). Wir kommen etwas später noch einmal darauf zurück.

Bis jetzt wissen wir, wieviel Energie im Wind steckt. Aber wie kann man die denn nutzen, geschweige denn „Strom daraus gewinnen“?
Auch das ist eigentlich ganz leicht zu verstehen: Wenn die Luft mit der gleichen Geschwindigkeit aus der Röhre heraus kommt, wie sie auch hinein gekommen ist, dann hat sie immer noch dieselbe Energie. Man hat also nichts gewonnen.
Mit dem oben Gelernten ist aber sofort klar, wenn der Wind mit einer geringeren Geschwindigkeit die Röhre verlässt, als er beim Eintritt in die Röhre gehabt hat, dann ist da auch weniger Energie drin und die Differenz muss irgendwie in der Röhre stecken geblieben sein.

Der einfachste Weg diese Differenz zu bestimmen ist:

  • Messe die Windgeschwindigkeit vor der Röhre Vvor.
  • Messe die Windgeschwindigkeit hinter der Röhre Vhinter.
  • und berechne jeweils die darin enthaltene Energie, so wie oben gezeigt. Das geht so einfach, weil sich ja die Luftmenge (die Masse) beim Weg durch die Röhre nicht ändern kann.
  • ziehe die beiden Werte voneinander ab und schon habe ich die nutzbare Windenergie berechnet. Das war’s …
    … aber, man muss das Ganze bis zum Ende denken.

Hier könnte man wieder sagen: Ist ja super, dann sorge ich einfach dafür, dass die Windgeschwindigkeit am Ausgang „0“ ist und schon habe ich dem Wind all seine Energie entzogen. Aber so einfach ist es nicht. Windgeschwindigkeit „0“ könnten Sie erreichen, indem Sie die Röhre irgendwo verschließen. Der Haken ist, wenn nichts aus der Röhre herausströmt, kann auch nichts hineinströmen. In diesem Fall wären die Windgeschwindigkeit am Eingang auch „0“, was nichts anderes bedeutet, als dass der Wind einfach um die Röhre herumströmt und Sie können dem Wind in der Röhre keine Energie entziehen.
Als Folge davon haben wir es jetzt mit zwei Extremen zu tun, die beide dazu führen, dass dem Wind keine Energie entzogen werden kann.
In beiden Fällen ist die Windgeschwindigkeit vor und hinter der Röhre gleich. Im ersten Fall ist die Windgeschwindigkeit an Ein- und Ausgang „40“ km/h (um bei der frischen Brise zu bleiben) und im anderen Fall „0“.
Also muss die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen. Es muss also einen Punkt geben, bei dem die Strömungs-Verhältnisse so sind, dass ein Maximum an Energie dem Wind entzogen werden kann. Und tatsächlich gibt es diesen Wert. Er wird umgangssprachlich als „Erntegrad“ bezeichnet und liegt bei 59,3%. Dieser Wert bestimmt die maximal dem Wind zu entziehende Leistung. Mehr geht nicht.
Zu guter Letzt denken Sie sich jetzt die Röhre weg und platzieren an dieselbe Stelle den Rotor eines Windrades und schon können Sie abschätzen, was eine Windkraft-Anlage leisten kann.

 

WINDRÄDER: WARUM SIND SIE SO WIE SIE SIND?

Bisher hatten wir ja auch noch gar nicht über irgendwelche Bauformen von Windkraftanlagen gesprochen. Alles Bisherige hat sich im Grunde ausschließlich um die Windverhältnisse gedreht. Tatsächlich bedeutet dieser ominöse Ernteertrag nichts anderes, als dass Sie Ihre Windkraftanlage bauen können, wie Sie wollen, – mehr als 59,3% der Energie können Sie dem Wind nicht entziehen. Bezogen auf die 1,6 Megawatt (siehe oben) heißt das: „Wenn Sie ein perfekter Ingenieur sind und wenn Sie die Anlage perfekt gebaut haben und wenn Sie keine weiteren Energieverluste zu erleiden haben und wenn Sie am Ende 0,9488 Megawatt Leistung mit Ihrer Anlage erreichen, dann haben Sie alles richtig gemacht“. – ein paar zu viele „Wenns“ oder?
… da haben Sie vollkommen Recht. Die Realität sieht anders aus. Tatsächlich erreichen moderne Windkraftanlagen Erntegrade von 30 bis 45%. Sie haben die Zahlen oben selber gesehen, das ist immer noch eine beachtliche Menge. Und mit 50 Metern Rotordurchmesser ist das heute nicht das Ende der Fahnenstange. Die größte Anlage der Welt steht derzeit in der Nähe von Stuttgart und hat eine Nabenhöhe von 178 Metern und einen Rotordurchmesser von 137 Metern!!!

Bevor wir in die Details der Windkraftanlage eintauchen, ein Satz vorweg. Häufig versprechen Anlagenbauer im Internet, dass ihr spezielles Windradkonzept „viel effizienter“ ist als das herkömmlicher Anlagen. „Viel effizienter“ wird dann schon mal mit einem Faktor 2 angepriesen. Derartiges Material können Sie unbesehen im Altpapiercontainer entsorgen, da Sie ja wissen, dass bei knapp 60% Schluss ist und konventionelle Anlagen schon bei 30 bis 45% liegen.

Jetzt werden ein paar Begriffe erklärt, die einem immer wieder im Zusammenhang mit der Windenergie begegnen.

  • Die Nennleistung. Das ist, vergleichbar der Peakleistung bei der Photovoltaik, der Wert, der angibt bis zu welcher maximalen Entzugsleistung (und damit Windgeschwindigkeit) die Anlage ausgelegt ist.
    Der Hintergrund ist hier noch etwas vertrackter als bei der Sonnenenergie. Die Windenergie hat nach oben keine Grenzen, da wir den stärksten Sturm aller Zeiten noch nicht erlebt haben. Es wird immer noch schlimmere Stürme geben, als jene, die wir schon erlebt haben.
    Darüber hinaus wäre es zwar toll, auch dem stärksten Sturm noch die Energie zu nehmen, aber so häufig sind die nicht. Da ist es besser, eine Anlage so auszulegen, dass sie die Jahreswindverhältnisse an einem bestimmten Standort optimal nutzen kann.
    Und das genau definiert die Nennleistung. Wenn ein Windfeld diesen Wert übersteigt, wird die Anlage herunter geregelt oder ggf. sogar abgeschaltet.
  • Die Nabenhöhe ist die Höhe der Rotormittelachse über Grund.
    Die Gesamthöhe einer Anlage ergibt sich aus Nabenhöhe plus halbem Rotordurchmesser.
  • Regelsystem bei Windkraftanlagen. Es gibt die sogenannte Stall-Regelung und die Pitch-Regelung. Beides sind Begriffe aus der Aerodynamik bzw. dem Flugzeugbau. Im Zusammenhang mit Windkraftanlagen wird über diese Regeltypen die Leistungsanpassung vorgenommen.
    Leistungsanpassungen sind immer notwendig,
    • um die Einstellungen des Windgenerators, an sich ändernde Windverhältnissen anzupassen.
    • oder um ggf. die Effizienz zu drosseln, wenn ein Überangebot an Windenergie vorhanden ist (das kann die Stromnetze erheblich belasten und ist dann eine Schutzmaßnahme)
    • oder um die Anlage selber vor zu hoher Windlast zu schützen (z.B. bei einem Sturm) Die Stall-Regelung ist eher veraltet und basiert darauf, den Rotor zu bremsen (Englisch „Stall“ meint abwürgen, zum Stillstand bringen). Das kann tatsächlich durch eine Bremse geschehen oder durch Hochschrauben der Entzugsleistung. Beides führt dazu, dass die aerodynamischen Verhältnisse am Rotor verschlechtert werden und sich dadurch am Blatt Wirbel bilden, welche die Effizienz drosseln oder gar komplett zum Erliegen bringen.
      Diese Form der Regelung hat man früher gewählt, um die Anlage einfach zu halten, da keine Anforderungen an die Nachführung des Blattanstellwinkels gestellt wurden (kein Verdrehen der Rotorblätter um ihre Längsachse).
      Der Nachteil ist, dass man die Entzugsleistung immer genau auf die Windverhältnisse anpassen muss und nur selten optimale Strömungsverhältnisse an den Blättern hat.
      Die Pitch-Regelung (Englisch für Neigung) macht genau das, sie stellt die Rotorblätter immer so ein, dass sie optimal den Windverhältnissen, oder der gewünschten Entzugsleistung angepasst sind. Das ist zwar anlagentechnisch aufwendiger, ist aber erheblich anpassungsfähiger an die sich ständig ändernden Windverhältnisse und erlaubt eine einfache und schnelle Anpassung der Entzugsleistung.
  • Die Schnelllaufzahl. Dieser Begriff wird Ihnen im Zusammenhang mit zu errichtenden Anlagen vermutlich nie begegnen. Er ist aber wichtig, um zu verstehen, warum es so unterschiedliche Windräder-Konzepte gibt. Z.B. kleine Durchmesser mit vielen Blättern, Vierblatt-, Dreiblatt, Zweiblatt, der Exot unter den Windrädern ist der Einblattrotor (Monopteros) und dann gibt es noch die nicht tot zu kriegenden Savonius– und Darrieus– Rotoren usw.. Die Schnelllaufzahl ist das Verhältnis von „Umlaufgeschwindigkeit der Rotorblattspitze“ geteilt durch die vorherrschende „Windgeschwindigkeit“. Bezogen auf die frische Brise bedeutet das, dass bei einer Schnelllaufzahl von z.B. „6“ die Umlaufgeschwindigkeit der Rotorblattspitze 6 x 11 m/s = 66 m/s betragen muss. Bei dem 50 Meter Rotordurchmesser bedeutet das wiederum, dass er ca. 2,5 Sekunden benötigt, um sich einmal komplett zu drehen. Bei dem Riesenrad (siehe oben) wären das 6,5 Sekunden für eine vollständige Drehung.
    Stellen Sie sich die holländische Windmühle vor. Die hat eine Schnelllaufzahl von deutlich unter 1, will sagen, der Rotor dreht sich an der Spitze mit einer langsameren Geschwindigkeit, als der Wind an ihm vorbeizieht. Das heißt aber auch, dass ein großer Teil des Windes gar nicht mit den Mühlenblättern in Wechselwirkung tritt und damit viel Windenergie ungenutzt bleibt. Funktioniert hat das, weil die klassische Windmühle einfach so groß gebaut wurden, dass genügend Antriebskraft dabei herauskommt (über sowas Lästiges wie die Schnelllaufzahl hat sich vor 200 oder 500 Jahren keiner einen Kopf gemacht).

 

Rotorblätter

 

 

Jetzt versetzen Sie sich in einen Western, wo über dem Brunnen der „Shiloh Ranch“ ein Windrad (siehe Variante B in Bild rechts) müde in der Sonne quietschend seine Runden dreht (Hop Sing läutet gerade mit der Triangel zum Mittagessen). Schauen Sie genau hin. Diese Windräder hatten immer ganz viele Blätter. Der Grund ist Simple, das Ding soll möglichst immer funktionieren (pumpen). Damit das auch bei wenig Wind so ist, verpasst man dem Teil viele Blätter. Das dreht sich sehr langsam, aber trotzdem trifft jedes Quäntchen Luft auf eine Schaufel. Wenn der Wind dann stärker wird, verquirlen die Luftströme um die Blätter miteinander und es wird nicht wirklich mehr Leistung generiert, aber das ist bei dieser Pumpe auch nicht nötig.
Je schneller sich so ein Windrad dreht, umso weniger Blätter benötigt es, um dem Wind seine Energie zu entziehen.
Der Vierblattrotor (Variante D in der Abbildung oben) ist optimal für Schnelllaufzahlen zwischen 1,5 und 6, der Dreiblattrotor (Variante E) ist optimal zwischen 3 und 9, Zweiblatt (Variante F) zwischen 6 und 14 und der oben schon angemerkte „Monoperteros“ (nicht verwechseln mit dem „Monopteros“ im Englischen Garten) hat gar keine Grenzen.
Jetzt kommt hinzu, dass für hohe Windgeschwindigkeiten, hohe Schnelllaufzahlen besser geeignet sind …
… und man muss sich überlegen, was man will.

    • Bei jedem Wind Energie gewinnen, dann heißt das: Schwachwind, = Langsamläufer = wenig Energie, aber immer.
    • Ich will auch im dicksten Sturm noch Energie gewinnen, weil da ja so schön viel zu holen ist: Starkwind/Sturm = extremer Schnellläufer = viel Energie, aber immer nur wenn’s gerade stürmt. Da das aber nicht so häufig vorkommt, steht die Anlage meistens still. Na dann wird die Wahrheit wohl wieder mal irgendwo dazwischen liegen. – Und genauso ist es: Die typische Windkraftanlage hat 3 Rotorblätter und eine Schnelllaufzahl von so um die 6. Diese Anlagen kommen bzgl. des Wirkungsgrades mit bis zu 45% am dichtesten an den oben schon erwähnten maximalen „Ernteertrag“ von 59,3% heran.Das erklärt vollständig: „Warum typische Windkraftanlagen immer drei Blätter haben“.
  • Der Luv- und der Lee- Läufer. Die Begriffe kommen von Segeln und meinen „dem Wind zugewandt“ (Luv) und „dem Wind abgewandt“ (Lee)

    ANMERKUNG: Das kann man sich leicht merken, weil beim Sprechen des Wortes „Luv“ der Wind zwischen den Zähnen durchpfeift, während sich beim „Lee“ sprichwörtlich kaum eine Lüftchen rührt.

    Bezogen auf die Windkraftanlage bedeutet dies, dass der Rotor vor dem Mast läuft bei dem Luv-Läufer und beim Lee-Läufer eben auf der windabgewandten Seite.
    Der Vorteil des Leeläufers ist, dass er sich ganz von alleine stabil in den Wind stellt. Beim Luv-Läufer muss man da kräftig nachhelfen.
    Der Nachteil des Lee-Läufers ist, dass die Blätter bei jedem Umlauf durch den Windschatten des Mastes laufen und dabei zum Teil sehr heftige Vibrationen / Schläge im Blatt ausgelöst werden, die a) stören und b) sehr viel mechanischen Stress für die gesamte Anlage bedeuten und damit die Lebensdauer deutlich senken.
    Damit werden Sie jetzt auch nie mehr fragen: „Warum der Rotor fast immer auf der Windseite des Mastes läuft?“

  • Es stellt sich noch die Frage, warum diese Anlagen so groß sind / sein müssen. Eine der beiden Antworten ist klar: Mehr Fläche bedeutet auch mehr Energie. Aber es gibt noch eine zweite Antwort, die nicht so offensichtlich ist: das „Windfeld“.
    Es ist klar, dass der Wind z.B. in Küstennähe stärker bläst als im Binnenland. Der Grund dafür ist, dass er über die Laufstrecke über Land z.B. durch die Geländeform abgebremst wird (Hügel, Berge etc.). Es macht aber auch einen Unterschied, ob ein Gebiet bewaldet ist, oder ob man freies Acker- oder Weideland vor sich hat. Bebauung bremst und so weiter und so fort.
    Da ist es auch naheliegend, dass die Windgeschwindigkeit mit zunehmendem Abstand vom Erdboden weniger stark abgebremst wird, bzw. mit der Höhe über Grund zunimmt … und auch das stimmt und zwar ganz erheblich.
    Ein paar Zahlen:
    In den Küstengebieten hat man in Deutschland durchweg Windgeschwindigkeiten von über 4 m/s im Jahresmittelwert. In Bayern/Windach sind wir da eher im Bereich 3 m/s und weniger (gemessen wird in einer Höhe von 10 Metern (die sog. Referenzhöhe)).
    Wenn man jedoch z.B. in einer Höhe von 50 Metern misst, kommt man auch in Bayern auf gute 4 m/s, in 120 Metern Höhe sind es dann schon fast 5 m/s. Bezogen auf die im Wind steckende Energie bedeutet diese Windgeschwindigkeitserhöhung von 25% einen 2,5-fach höheren Energieinhalt. Bei 120 m ist das dann schon das 4,5 fache dessen, was man am Boden erreichen kann. Das ist der einfache Grund, warum die Anlagen immer größer geworden sind. So werden auch Standorte, die eigentlich gar nicht geeignet sind für Windkraftanlagen, plötzlich attraktiv.

 

SCHLAGSCHATTEN
  • Der Schlagschatten. Damit ist gemeint, dass bei Sonnenschein von der Windkraftanlage (wie bei jedem anderen Objekt auch) ein direkter Schattenwurf erzeugt wird. Dieser wird ggf. als störend empfunden, wenn durch die drehenden Rotorblätter ständige Helligkeitsschwankungen erzeugt werden, denen sich unser Auge anpassen muss.  Es ist unbestritten, dass solche Helligkeitsschwankungen auf Dauer sehr störend sein können. Leider wird selten objektiv hinterfragt oder dargestellt, wie die Störung denn im konkreten Fall tatsächlich ausfällt. Zur Klärung eignet sich am besten die folgende Grafik.
    Die seltsame, nach oben und unten begrenzte und nach rechts und links offene Figur gibt sc­­hematisch jene Bereiche wieder, die irgendwann im Verlaufe eines Tages bzw. eines Jahres von Schlagschatten betroffen sind.
    Man könnte jetzt hergehen und diese Figur über eine Karte legen, wobei der schwarze Punkt (im roten Kreis unterhalb der unteren Begrenzung) genau über dem Standort einer Windkraftanlage platziert würde. Legt man, wie im Beispiel hier, die Nabenhöhe auf 67 Meter und den Rotordurchmesser auf 66 Meter fest (Gesamthöhe wäre dann genau 100 Meter) und skaliert die Figur so, dass sie mit dem Kartenmaßstab zusammenpasst, dann könnte man „fast“ sofort die betroffenen Bereiche aus der Karte ablesen.

 

Einwirkbereich des Schattens einer Windenergieanlage Rotor-Ø 66m NH 67m; Januar 2001. Dipl. Arbeit Roland Fischer

 

ANMERKUNG: Da steht „fast“, weil die Aussage so nicht ganz richtig ist. Die Ausdehnungen der Schattenbereiche hängen auch noch davon ab, in welcher geographischen Breite man sich auf dem Globus befindet. Je weiter nördlich, umso weiter würde der Fußpunkt unterhalb der Figur liegen. Am Äquator würde der Fußpunkt exakt in der Mitte der Figur liegen.

  • Jetzt kommt die entscheidende Frage, was bedeutet denn „irgendwann“?
    Rechtlich ist es so, dass 30 Minuten Schlagschatten pro Tag hingenommen werden müssen, wobei dieses auf maximal 30 Stunden pro Jahr begrenzt sein muss.
    Soweit so schlecht. Aber was heißt denn das? Wenden wir uns noch einmal der Figur zu. Die untere Begrenzung gibt an, wie die Schattenspur zur Sommersonnenwende ist. Der Schattenbereich würde sich an diesem Tag von unten links (Süd-West), entlang der unteren Grenzlinie (Sonnenaufgang ist genau gegenüber von Nord-Ost) bis zum Scheitelpunkt (das ist dann genau zur Mittagszeit) in die untere rechte Ecke bewegen (Süd-Ost, denn Sonnenuntergang ist im Sommer in Nord-West). Die obere Grenzlinie ist praktisch genau das gleiche, nur eben zur Wintersonnenwende. Alles andere im Jahr spielt sich genau zwischen diesen beiden Grenzlinien ab. Weiter südlich oder nördlich gibt es keine Schlagschatten. Die Figur ist nach rechts und links offen, da zu Sonnenaufgang und Sonnenuntergang (am Horizont) die Sonne streifend die Erdoberfläche bescheint / in diesem Fall beschattet. Die betroffene Zone ist also nach Westen bzw. Osten nur durch die Krümmung der Erdoberfläche begrenzt. Wenn Sie auch nur einen Teil des Windrades hinter dem Horizont noch sehen, könnten Sie auch einen Schattenwurf sehen, vorausgesetzt ein paar Bedingungen sind erfüllt.  Man sollte also besser von einem Schattenkorridor sprechen.
    Ist jetzt jeder, der in diesem Korridor lebt, auch „Opfer“ des Schlagschattens? Rein rechtlich müsste man jetzt schauen, wie lange dauert denn ein Schlagschatten-Erlebnis und wie häufig im Jahr tritt es auf.

ANMERKUNG: Wer mit seinem Anwesen außerhalb des Korridors liegt wird dort überhaupt niemals erfahren, was Schlagschatten sind.


Mit ein paar Zahlen wird überschlagsmäßig klar, worüber wir tatsächlich reden.Die Erde dreht sich einmal am Tag um die eigene Achse, d.h. pro Stunde dreht sie sich um 15° weiter, bzw. um 0,25° pro Minute (360° / 24h = 15°/h / 60 Min. = 0,25°/Min).

ANMERKUNG: Tatsächlich hängt diese Winkelgeschwindigkeit auch noch vom Sonnenstand ab. Je höher die Sonne über dem Horizont steht, umso höher ist auch die Winkelgeschwindigkeit. Sie schwankt zwischen 0,2° pro Minute (früh am Morgen) und 0,5° pro Minute (im Sommer zur Mittagszeit).
Zu Sonnenaufgang und -untergang (und das sind die Zeiten welche uns interessieren) liegt man mit 0,25 ° pro Minute im Schnitt ganz gut bei der Wahrheit.

    • Um nun abschätzen zu können, wie lange so ein Schattenereignis dauert, stellen Sie sich den Rotor einfach wie eine runde, geschlossene, undurchsichtige Scheibe mit dem Durchmesser von 66 Metern vor (um bei dem Beispiel zu bleiben), die Ihren Standort so lange beschattet, wie sich die Sonne dahinter verstecken kann.
    • Jetzt müssen Sie noch wissen, wie weit Sie von der Anlage entfernt sind, sagen wir mal 1000 Meter (das entspricht der 10H-Regel, wie sie in Bayern durch die Staatsregierung angewandt wird).
    • Dann können Sie ausrechnen, welchen Sehwinkel diese Rotorscheibe in dieser Entfernung abdeckt. Es sind tatsächlich bei diesem Durchmesser und der genannten Entfernung, 3,8 °.

ANMERKUNG: wer’s gerne selber rechnen möchte: Sehwinkel () = arctan (vom (halben Durchmesser der Rotorscheibe (d/2) geteilt durch den (Abstand vom Windrad (x)) mal 2. (arctan: steht für ArcusTangens)
Mathematisch: =arctan((d/2)/x)*2
Alternativ können Sie das Ganze auch einfach maßstäblich auf ein Blatt Papier zeichnen und den Winkel ausmessen.
Sofern Sie mit der Formel etwas anfangen können, oder die Zeichnungslösung beherrschen, sind Sie jetzt in der Lage für jedes x-beliebige Windrad die Schlagschattendauer überschlagsmäßig auszurechnen.
Das funktioniert auch auf dem Küchentisch. Schneiden Sie eine kleine Scheibe aus (oder was auch immer) und stellen sie diese so in die Sonne, dass ein Schattenwurf auf der Tischplatte entsteht. Und jetzt stoppen Sie einfach die Zeit, die es braucht, bis der Schatten um eine Schattenbreite weiter gewandert ist. Durchmesser der Scheibe und den Abstand können Sie leicht messen. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, sollten Sie feststellen, dass Rechnung und Messung nicht so weit auseinander liegen.
Gratulation, Sie haben ein echtes wissenschaftliches Experiment durchgeführt.
Ist übrigens auch ein tolles Experiment, das Sie mir ihren Kindern durchführen können.

  • Teilen Sie die 3,8° durch die Drehgeschwindigkeit der Erde um die eigene Achse (0,25°/Minute), dann landen Sie bei ca. 15 Minuten Schattendauer. Geben Sie noch 5 Minuten drauf, um auch den Halbschatten noch zu berücksichtigen und dann passt es einigermaßen. Tatsächlich müssten Sie diesem Windrad auf 500 Meter auf die Pelle rücken, um für 30 Minuten in dessen Kernschatten zu sein. Weiter weg trifft Sie das ggf. auch, aber eben noch kürzer.
    Glauben Sie nicht? Probieren Sie es aus und machen das Tischexperiment. Sie werden sehen, wie einfach das ist.
  • Zu guter Letzt vergessen wir bitte auch nicht, das findet genau einmal am Tag statt, es sei denn, Sie bewohnen beide Seiten des Schatten-Korridors (Westen und Osten).
  • Jetzt muss man sich noch anschauen, wann im Jahr diese Ereignisse für Sie überhaupt von Bedeutung sind.
    Durch die Schrägstellung der Drehachse der Erde relativ zur Umlaufbahn um die Sonne (das nennt sich die „Schiefe der Ekliptik“, beträgt 23,4° und bringt uns die Jahreszeiten ein) ändert sich der Winkel der Sonne über dem Horizont im höchsten Punkt (der sich „Zenitwinkel“). Am Tag der Sommersonnenwende steht die Sonne bei ca. 65° über dem Horizont. Im Winter (zur Wintersonnenwende) sind es 33°.
  • Da die Erde mehr oder weniger gleichmäßig um die Sonne dreht, heißt das auch, dass sich der Höhenwinkel pro Tag um ca. 0,25° ändert. Teilen Sie jetzt wieder ihren Scheibendurchmesser (genauer den Sehwinkel unter dem Sie den Rotorkreis sehen können; siehe oben) durch diese Änderungsgeschwindigkeit (3,8° geteilt durch 0,25° sind immer noch ca. 15), und schon haben sie die Anzahl der Tage, die für Sie von Bedeutung sein könnten.
    In Summe würden da ca. 4 Stunden pro Jahr herauskommen, an denen Sie vom Schlagschatten geplagt werden.
  • Jetzt könnte man ja noch einwenden: „Das kommt ja zweimal im Jahr vor!“.
    Grundsätzlich ist das richtig, aber dazu kommt noch, dass diese „Erscheinung“ in den unterschiedlichen Jahreszeiten aus unterschiedlichen Richtungen kommt (schauen Sie noch mal auf den Schattenkorridor) und damit sollte jeder Standort nur einmal im Jahr betroffen sein. Mit einer einzigen Ausnahme: Sie wohnen „exakt“ westlich oder östlich der Anlage.
  • Und zum Schluss denken Sie noch mal darüber nach, zu welchen Uhrzeiten das stattfindet (zum Sonnenaufgang, im Sommer, liegen Sie dann vermutlich noch im Bett).„Puhhhh … das war aber ein bisschen viel Zeug auf einmal und ich habe nur die Hälfte verstanden“ mögen Sie sagen. Und das ist absolut berechtigt und OK so. Die Christenheit hat bis ins hohe Mittelalter gebraucht um sich von der „Erdscheibe“ zu verabschieden …Wenn Sie das ärgert, gehen Sie noch mal Schritt für Schritt durch (Sie können alles selber im Internet überprüfen oder sich mehr Informationen holen).
    Wenn Sie aber einfach nur mitnehmen, dass der Sachverhalt tatsächlich sehr kompliziert ist, dann haben Sie das Wichtigste verstanden: Für grobe Vereinfachungen und Generalisierungen ist hier überhaupt kein Platz. Das machen nur Leute, die Ihnen Angst machen wollen. Es ist alles überhaupt kein Hexenwerk. Wenn Sie von sowas betroffen sind (ein Windrad in Ihrer „Nähe“), man kann minutengenau vorausberechnen, in welchem Umfang Sie betroffen sein würden. Und wenn es dann tatsächlich unangenehm würde, wird die Anlage einfach für die Dauer dieses Ereignisses stillgelegt (das ist gängige Praxis). Die Abschaltung, so sie denn notwendig würde, betrifft dann sowieso nur ein paar Minuten am Tag. Den weitaus größten Teil der Tageszeit (die Nacht über sowieso) ist das gar kein Thema (auch nicht im Winter), weil die Sonne so hoch am Himmel steht, dass das Ding nur wenige hundert Meter von Ihnen weg stehen müsste, damit sie der „Schlag“-schatten trifft.

 

INFRASCHALL

Der Infraschall, ein technisch sehr einfaches Thema. Schwer zu entkräften ist es nur deswegen, weil sich dessen Auswirkungen auf eine subjektiv, gefühlte Wahrnehmung beziehen, die einer objektiven Messung kaum zugänglich ist. Ehrlich gesagt glaube ich, dass das genau der Grund ist, warum dieses Argument immer wieder herangezogen wird. Aber das ist nun wieder nur meine Meinung. Wenn auch die Wahrnehmung schwer zu fassen ist, der Infraschall selber ist alles andere als eine subjektive Angelegenheit. Dieser lässt sich objektiv mit physikalischen Messungen beurteilen. Daher will ich hier versuchen den Nebel etwas zu lichten.

Zunächst soll erklärt werden, was das überhaupt ist, der Infraschall, denn häufig wird er einfach mit dem „gehörten Schall“ in einen Topf geworfen.
Schall / Geräusche sind technisch gesehen, Luftdruckschwankungen, die über unser Trommelfell, die Gehörknöchelchen auf das Innenohr übertragen werden und dann vom Hirn als Ton / Geräusch wahrgenommen/gedeutet werden – PUNKT. Je schneller die Druckschwankungen daherkommen, umso höher hören wir den Ton.
Ob wir einen Ton hören oder nicht hängt „ausschließlich“ davon ab, ob unser Hörapparat in der Lage ist diese Luft-Druckschwankung ins Hirn zu übertragen. Für Ultraschall ist unser Gehör zu träge, für Infraschall zu agil. Wir haben, zumindest mit unserem Hörapparat keine Antenne dafür. Vergleichen Sie es mit dem Licht: Ultraviolett können unsere Augen nicht sehen/wahrnehmen (Bienenaugen können das sehr wohl). Infrarot können wir ebenfalls nicht sehen (Mücken hingegen schon).
Bei Normalsterblichen ist typisch bei 14.000 Druckschwankungen pro Sekunde Schluss (die Einheit dafür ist Herz (Hz)). Bei jungen Menschen geht das schon mal bis 18.000 Hz (= 18 kHz), aber mehr nicht. Alles was höher ist, ist für uns Ultraschall. Nach unten ist ca. bei 20 oder 30 Hz Schluss.
Damit sollte unmittelbar klar sein, dass Menschen Infraschall nicht „hören“ können. Das heißt aber noch nicht, dass wir ihn nicht wahrnehmen können. Das Brummen in der sprichwörtlichen „Magengrube“ ist genau das. So betrachtet, ist unwidersprochen, dass man Infraschall auch wahrnehmen kann (wenn auch nicht „hören“).

Die nächste Frage die sich stellt ist, ob ich, vergleichbar mit dem hörbaren Schall, den Infraschall auch irgendwie z.B. einer Ursache, einer Quelle, zuordnen kann? Elefanten können das (die können über ihre Füße, über sehr große Entfernungen, Kontakt zueinander aufnehmen), Menschen können das nicht. Alles, was wir können, ist bei einem wahrgenommenen Brummen in der Magengrube Ausschau halten, woher das denn wohl kommt. Das ist ein super Frühwarnsystem (hoppla, da ist irgendwas), aber mehr nicht. In dieser Diskussion über Windkraftanlagen bekommt man regelmäßig den Eindruck, dass diese Anlagen die einzig möglich Quelle für Infraschall sind (zumindest geben sich Gegner derselben viel Mühe nicht über andere Quellen zu sprechen). Tatsache ist, dass die Welt voll ist von Infraschallquellen. Turbulenzen im Wind, der vorbeifahrende LKW oder PKW, die Waschmaschine, das Getrappel Ihrer Füße oder die Windkraftanlage, oder oder … alles ist mit allem verbunden. Es gibt fast nichts auf diesem Planeten, das genau 20 Hz und höher Töne erzeugt, aber Infraschall eben nicht. Wenn man es salopp ausdrücken will, leben wir täglich in einem einzigen Getöse von Infraschall, den wir nicht wahrnehmen, oder uns am Allerwertesten vorbei geht, weil wir uns daran gewöhnt haben, – oder er macht uns tatsächlich krank.
Setzen Sie die Grenze des Hörbaren in ihren Gedanken einfach ein bisschen höher. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Allianzarena, die Bayern verhauen gerade einen armen Drittligisten im DFB-Pokal, das Stadion tobt, weil es gleich zweistellig wird – und Sie könnten Töne erst ab 100 Hz hören. Würden Sie auf die Idee kommen, dass es für Töne unterhalb Ihrer Hörschwelle keine oder nur eine einzige mögliche Schallquelle geben würde? – Ganz sicher nicht. Wenn das so ist, dann bleibt nur noch die Frage zu beantworten, wie laut sind denn die vorhandenen Quellen überhaupt. Und wo liegt unsere Wahrnehmungsgrenze?
Technisch kann man jetzt eine DIN-Norm heranziehen (DIN 45 680). Diese besagt, dass z.B. eine Druckschwankung mit einem „Schallpegel“ (die Einheit dafür ist das DeziBell (dB)) von 90 dB ab einer Frequenz von ca. 12 Hz wahrnehmbar ist. Für einen Pegel von 60 dB, wäre das erst ab ca. 32 Hz der Fall und einem Schallpegel von 30dB können Sie diese im Infraschallbereich gar nicht wahrnehmen. Und das sind keine „Fake-News“, das sind wissenschaftlich belegte Tatsachen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Eine Sache steht außer Frage, weniger ist mehr und jede unnötige Quelle, die vermieden werden kann, egal ob Infraschall oder nicht, sollte auch vermieden werden. Aber auch nicht jede Quelle, die es gibt, ist auch gleichzeitig gefährlich. Es ist immer eine Güterabwägung.

Kommen wir zur Windkraftanlage. Die Hauptquelle für den Infraschall sind Vibrationen (und Luftturbulenzen) an den Rotorblättern. Erinnern Sie sich an den Luv- und Lee-Läufer weiter oben. Jedes Mal, wenn ein Blatt des Lee-Läufers im Windschatten des Mastes durchläuft gibt es einen Schlag, der sich vom Blatt in die Luftsäule, in den Mast und damit auch in den Erdboden überträgt. Das ist tatsächlich der zweite Grund, warum es heute praktisch keine Lee-Läufer mehr gibt. Bei Luv-Läufer ist die Situation deutlich entspannter. Etliche Messungen an modernen Windkraftanlagen zeigen, dass in einem Abstand von z.B. 3 bis 4 hundert Metern der Pegel in der Größenordnung 30 bis 40 dB liegen. Das fällt unter die Rubrik „nicht wahrnehmbar“. Aber selbst wenn es anders wäre, Sie müssten es aus der normalen Infraschall-Umgebung heraus hören. Das wäre so, als wenn Sie in der oben beschrieben Szene in der Allianzarena heraushören könnten, was der Schiedsrichter gerade gesagt hat. Im Moment geht das ja sogar manchmal, weil Richtmikrofone auf seinen Mund gerichtet sind und Corona bedingt keine Zuschauer im Stadion sind ….
Am allerbesten wird es dann, wenn darauf hingewiesen wird, dass gerade bei Sturm die Anlagen so besonders laut sind (bzgl. der hörbaren Geräuschkulisse und Infraschall). Stimmt, kann man da nur sagen. Aber der Radau in Ihrer direkten Umgebung durch das Heulen des Sturms um die Hausecke oder Sausen im Geäst der Bäume, oder Infraschall Stoßwellen aus Luft-Turbulenzen, sind auch nicht zu verachten …. Wie auch immer, man könnte jetzt auch noch ins Feld führen: „Bei Windparks ist das ja alles noch viel schlimmer, da kommen ja viele Anlagen zusammen“. Auch hier ist die Antwort „ja stimmt“. Ich könnte auch hier antworten: Es braucht schon einige Anlagen, um den Infraschallpegel in den Bereich des Wahrnehmbaren zu heben, insbesondere wenn sich diese über eine große Fläche verteilen.
Tatsache ist, dass die Genehmigungsverfahren für solche Anlagen so umfangreich sind, dass auch diese Aspekte im Detail auseinander genommen werden. Sie können sich sehr sicher sein, dass Ihnen durch solche Anlagen kein wirklicher Schaden zugefügt wird.

 

VOGELSTERBEN

Kommen wir zum letzten hier zu besprechenden Thema und das ist das Vogelsterben um und durch die Windkraftanlagen.
Es ist auch hier unbestritten, dass Vögel und Fledermäuse durch Kollision mit Windkraftanalgen zu Tode kommen. Genauso unbestritten ist, dass zusätzlich noch um ein Vielfaches mehr dieser Geschöpfe an Glasscheiben sterben (Fenster, Wintergärten, Autos …).
Auch hier gilt: jeder tote Vogel ist ein toter Vogel zu viel. Aber warum das bei dem einen Thema ein Thema ist, und beim Anderen nicht, – das erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht. Wenn ich den verfügbaren Quellen glauben darf, gibt es durchaus Möglichkeiten diese Schäden durch geschickte Standortwahl zu minimieren (ausschließen kann man das nicht) und ich vertraue darauf, dass Planer und Behörden ihr Möglichstes tun, um bestmögliche Lösungen zu finden.
Strikt darauf zu beharren, dass Vogelschutz Vorrang haben soll, führt nur zu einer totalen Blockade des Ausbaus der Windenergie.

Bei aller berechtigten Sorge um die Vogelwelt, was ist denn die Alternative dazu?

Wenn wir nicht endlich das Ruder bei Klimawandel herumreißen, dann werden sich die Geschwister der verstorbenen Vögel bei uns recht herzlich bedanken, denn wir haben ihre Lebensgrundlagen an sich zerstört und sie alle, zumindest in ihren angestammten Lebensräumen, dem Untergang ausgesetzt.
Was glauben Sie, würden diese antworten, wenn man sie fragen würde: „Welchen Weg sollen wir gehen?“

 

WINDENERGIE: EINE GELEGENHEIT BEIM SCHOPFE PACKEN ODER DOCH EIN FLUCH.

Die Windenergie ist meiner Meinung nach zwingend das zweite große Standbein, um die Energiewende mit heimischen Mittel zu bewerkstelligen. Zudem passt sie besser, als die Sonnenenergie, mit unseren Energiebedarfszeiten zusammen.

Leider hat die Windenergie einen ökonomischen Nachteil im Vergleich zur Photovoltaik, welcher ihr immer wieder zum Verhängnis wird: Es übersteigt schlicht die Möglichkeiten von uns Normalsterblichen, eine Windkraftanlage zu bauen. Die Investitionen sind einfach zu groß. Alleine die Genehmigungsverfahren sind so kompliziert und langwierig, dass jeder Kleinanleger 1000fach in die Pleite getrieben ist, bevor er auch nur eine einzige KiloWattStunde Strom erzeugt hat.
Im Gegensatz dazu ist Photovoltaik „skalierbar“, will sagen, mit fast jedem Geldbeutel kann man sich die auf’s Dach packen und für sich ganz persönlich den Nutzen daraus ziehen. Bei der Windkraft geht das nicht.

Windkraft braucht „Investoren“- PUNKT. Und da sind wir praktisch sofort an dem Punkt, wo ich „meine Landschaft“, „meine Aussicht“, „meinen Frieden“, „meine Gesundheit“ oder sonst was, hergeben soll, damit ein „Investoooooooooooor“ Geld verdienen kann … bin ich denn blöd? Das ist fast zwangsläufig so gefühlsbeladen, so emotional, dass die Fronten sofort unversöhnlich gezogen sind und eine sachliche Debatte nicht mehr möglich ist.

Es gibt ein paar sehr schöne Beispiele die diesen Zusammenhang offensichtlich machen. Zwei will ich herausgreifen:

  1. Ellhöft in Schleswig-Holstein (https://windpark-ellhoeft.de/). Vollgeknallt mit Windkraft und keiner ist sauer. Viele Bauern hat die Windkraft vor dem AUS gerettet. Der ganze Ort generiert damit Einkommen.
  2. Die Gemeinden Borchen und Lichtenau (https://www.ardmediathek.de/ard/video/the-european-collection/windkraft-fluch-oder-segen/arte/Y3JpZDovL2FydGUudHYvMDk3ODg2LTAxMC1B/). Hier liegen zwei Gemeinden direkt nebeneinander. In der einen Gemeinde regt sich massiver Widerstand, in der anderen nicht.

Was für die Einen ein Fluch ist, ist für die Anderen ein Segen. Die Beispiele zeigen, dass die Bereitschaft, sich auf Windkraft einzulassen, im selben Maße steigt, wie man selber einen Nutzen daraus ziehen kann. Wenn Sie den Beitrag über Borchen und Lichtenau sehen, werden Sie leicht feststellen, wie komplett widersprüchlich die jeweiligen Argumentationen sind. Egal, ob Sie nun dafür sind oder nicht, Jedem muss sofort klar sein, dass hier etwas nicht stimmt, nicht stimmen kann.

Sich auf diese emotionale Ebene begeben (oder sich dort hin treiben zu lassen) ist fast schon eine Garantie für den Stillstand oder sogar den Rückschritt. Lassen Sie sich da nicht hineinziehen, machen Sie sich ein eigenes Bild.

Modelle sind denkbar und machbar. Die Bürgerbeteiligung ist ein gutes Mittel. So kommen viele zum Zug, es können Gemeinschaften als „Investoren“ auftreten oder Gemeinschaften im Verbund mit Gemeinden oder anderen Beteiligungsformen. Fordern Sie es ein … Als Anteilseigner haben Sie schon von Rechtswegen ein Mitspracherecht, dann können Sie gestalten. Eigentumsschutz wird in Deutschland größer geschrieben als Eigeninteresse. Machen Sie sich klar, warum so viele Versorger den ganzen Energiemarkt gerne für sich haben wollen, oder zumindest unter sich aufteilen wollen. Damit kann man Geld verdienen …. warum nicht Sie?

 

Zusammenfassung

Nach diesem sehr langen Ausflug vom Klimawandel über die Gebäudesanierung zur Heizungstechnik und zur Energieerzeugung, sollten Sie sich im besten Fall ein eigenes Bild von der Energiewende machen können. Ich hoffe, es ist mir gelungen, Ihnen zumindest ein paar Orientierungspunkte zu geben oder so etwas wie ein kleines Nachschlagewerk an die Hand gegeben zu haben.
Es ist aber vollkommen hinreichend, wenn ich Sie dazu anstiften konnte, über die eigene Situation nachzudenken und sich als Teil des Ganzen zu sehen.
So einfach Schwarz und Weiß ist die Welt der Energiewende nicht. Soviel sollte klar geworden sein. Es steht darüber hinaus nirgends geschrieben, dass das immer auch für alles einfache Lösungen geben muss. Die Energiewende ist nicht einfach und sie verträgt überhaupt keine Vereinfachungen.

Die Dinge nur aus einer Richtung zu betrachten, führt nur dazu, dass Sie die wahre Vielfalt, den Fassettenreichtum, die Schönheit und ggf. auch die Hässlichkeit, die Chancen und natürlich auch die Gefahren, nur bruchstückhaft erfassen können. Das ist „Blindflug“ in Reinstform. Dinge werden vermeintlich einfacher, wenn man einer Masse Gleichgesinnter, einer Strömung, einem Zeitgeist hinterher laufen kann. Wahr werden sie dadurch aber noch lange nicht. Laufen Sie erst dann los, wenn Ihr Verstand, Ihre eigene Einsicht, Ihnen sagt: Das ist, was ich will.

Bei aller Angst, die einem diese Klimadebatte machen kann, lassen Sie sich nicht wegspülen. Machen Sie, was in Ihren Möglichkeiten liegt. Wir werden alle zusammen weit mehr erreichen, als alle High-Tech-Lösungen uns versprechen wollen. Durch Ihre Investition machen Sie sich unabhängig von den hofierten „Global-Playern“, von den „Systemrelevanten“. Sie schaffen Arbeit / Einkünfte für sich und für andere in ihrer direkten Umgebung. Wir hören endlich auf Zeit zu verlieren.

 

Danksagung

Zum Abschluss möchte ich all denen danken, die mir beim Korrigieren meiner vielen Fehler geholfen haben und mir mit ihrer konstruktiven Kritik geholfen haben, so manche unverständliche Passage verständlicher zu machen.

Vieles, was es verdient hätte geschrieben zu werden, ist vielleicht nicht geschrieben worden. Und es ist sicher auch vieles geschrieben worden, was Ihnen vielleicht überflüssig oder unverständlich erscheint.
Ich hoffe trotzdem, dass für jeden etwas dabei war.

Wilhelm Lüdeker
Windach den 24. April 2021

 

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Energiewende zum Selber machen Wie geht das?

Wilhelm Lüdeker | 31.03.2021 (PDF, 2728 KB)

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